Alexandra Klobouk, Rita Cortes Valente de Olivera, Die portugiesische Küche

A Cozinha Portuguesa

Verlag Antje Kunstmann, München, 2014, 256 Seiten, 30.80 Euro
ISBN 978-3-88897-940-8
Vorgekostet

Heute geht es um Kochen und Essen in Portugal.

Ein Land, das 2500 km von Tirol entfernt liegt und von dem man hier relativ wenig weiß. Hätte man mich zur portugiesischen Küche befragt, wäre mir wahrscheinlich der Bohneneintopf, die Feijoada, sicher der Portwein eingefallen, aber sonst …

Wie gut, dass es Alexandra Klobouk gibt, eine in Berlin lebende Illustratorin und Autorin, die es nach Lissabon verschlug und die dort auf Rita Cortes Valente de Olivera traf, die sie in die Landesküche einführte. In weiterer Zusammenarbeit ist darauf hin das Kochbuch „Die portugiesische Küche“ entstanden.

Beim ersten Durchblättern fällt die großzügige Gestaltung auf. Beim genaueren Hinschauen sind es großformatige Fotos, die nicht nur Gerichte abbilden, sondern auch die vielfältige Landschaft oder Menschen in unterschiedlichsten Situationen ob nachdenklich, beim Kochen oder im Gespräch vertieft. Viele Text-Seiten mit unterschiedlich einfarbigem Hintergrund verschaffen dem Werk eine gewisse Leichtigkeit und optische Abwechslung. Eine Augenweide sind die ganzseitigen Kloboukschen Zeichnungen, die humorvoll und gewitzt einfache, aber auch komplizierteste Kochabläufe übersichtlich darstellen: die Nachspeisen oder besser Süßigkeiten und anderes wie die Wildtiere Portugals. Ob es sich um die Zubereitung von Degenfisch mit gebackenen Bananen, handelt, um einen besoffenen Hasen der gerade einen Schluck aus der Rotweinflasche nimmt, oder der Cataplana vorgestellt wird, das ist eine Art portugiesischer Römertopf oder Wok mit Deckel. Alle diese detailreichen Illustrationen ergänzen wundervoll diverse Anleitungen und Beschreibungen, ja fördern die Neugier und verleihen diesem Kochbuch eine Note die auch gute Kinderbücher auszeichnen.

Am Anfang stehen Petieschkuusch (Petiscos), kleine Appetithappen, die die Portugiesen in allen Lebenslagen genießen. Es sind Zwischenmahlzeiten oder beigestellte Knabbereien, die auch als Vorspeisen durchgehen. Die im Buch vorgestellten enthalten überwiegend Fischiges. So die marinierten Sardinen, Bacalhau mit Erbsen oder Augenbohnen mit Thunfisch, die meine Menüvorstellungen mit neuen Ideen bereichern. Das Carpacchio vom Bacalhau, – einfach herzustellen, aber man benötigt Zeit dafür – war ein wahrer Leckerbissen.

Das anschließende Kapitel, den Suppen gewidmet, stellt eine portugiesische Redewendung voran: „Ich bereite meinem Magen ein Bett“ („Vou fazer uma cama ao estomago“). Diese flüssigen Grundlagen sollen – so die Autorinnen – den ersten großen Hunger stillen, damit man sich mit Ruhe allem weiteren widmen kann. Vielfältig wie das Land so auch die Suppen. Eine Erbsensuppe, die in vielen Ländern unterschiedlich zubereitet wird, ist hier mit Minze und Limette verfeinert. Die Steinsuppe, die laut einer Legende von einem Wanderpriester erfunden zu einer reichhaltigen Fleisch-Gemüse-Suppe aufgepäppelt wurde, ist zudem noch wunderbar von Klobouk gezeichnet.

Dem flüssigem Medium Suppe folgt, wie kann es anders sein? Ein Fischkapitel. Die Hälfte der Landesgrenzen ist vom Wasser umspült. Der Atlantik prägte dieses Volk der Fischer und Seefahrer und mit ihm ein Fisch, der Bacalhau bekannter als Kabeljau. Er veränderte Portugal und die Welt, so fand der Stockfisch als Fastenspeise in unsere heimische Küche Eingang. In Portugal ist man sich sicher, dass er auf 1001 verschiedene Arten zubereitet werden kann, im Buch gibt es sieben Rezepte. Das genügt auch, finde ich. Von den Fischrezepten hat es mir die ofengebackene Forelle besonders angetan, die mit Tomaten, Schinken und Weißwein zu einer unvergesslichen Köstlichkeit veredelt wird. Ein traditionelles Rezept, das offensichtlich aus dem Familienfundus der Mitautorin Rita Cortes Valente de Olivera stammt, so meine Vermutung. In der Einleitung wird angedeutet, dass viele Rezepte, von Großmutter und Mutter landauf und landab gesammelt, in diesem Kochbuch aufgenommen wurden. Schade, dass dies nicht kenntlich gemacht wurde, wie auch die regionale Zuordnung leider fehlt.

Neben Fisch ist Fleisch der Portugiesen höchste Gaumenfreude. Reich an Hühner-, Schweinerassen und anderem Getier zeigt sich hier die Bodenständigkeit am nachhaltigsten. Verarbeitetes vom schwarzen Schwein, über Innereien und Eintöpfe bis zum Braten des Heiligen Geistes lässt erahnen dass es noch einiges zu entdecken gibt. Ich habe die Fleischbällchen nach Lauras Art (S. 140) nachgekocht. Angeregt durch das Foto der sympathisch lächelnden Laura und ihre Bemerkung: „Es gibt Gerichte die schmecken wie Nach Hause Kommen.“ Das Besondere war hierbei die Sauce und das Löschen mit Portwein. Der Duft, der durchs Haus strömte, alarmierte die Nachbarn, die dann alle kosten wollten. Hierzu noch eine kleine Anmerkung. In sechs Rezepten ist Portwein eine dominante Zutat, aber nirgendwo wird dieser urportugiesische Süßwein näher beschrieben. Das sollte in der nächsten Ausgabe nachgeholt werden.

Die wichtigste Nebensache eines jeden Gerichts ist die Beilage. Das Angebot reicht hier von Gemüse, Maronen über Brot bis zu unterschiedlichsten Reiszubereitungen. Dabei ist festzuhalten, dass Reis überhaupt die häufigste Beilage in Portugal ist. Und manche Beilage entpuppt sich als kleine Überraschung, mit dem Potenzial eines Hauptgerichts.

Den Abschluss krönen Süsse Sachen. Hier sind ihrem Entdeckungsdrang keine Grenzen gesetzt. In den vorgestellten Leckereien offenbart sich Portugal als ehemaliges Kolonialreich mit überseeischen Einflüssen aus Südostasien, Brasilien und Afrika. Der Kuchen mit Olivenöl, Bolo de Azeite (Bolo de Aseitsche) passt perfekt zu Kaffee und sein Rezept wird Ihnen weiter unten verraten.

Abschließend: Die portugiesische Küche überrascht mit vielen kulinarischen Köstlichkeiten. Ein toll gestaltetes Kochbuch das spätestens beim Nachkochen den Duft den Südens ins Haus bringt.

Leave A Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert