Andreas Hollard, Ayurveda für zuhause

Gesund und ganzheitlich essen mit regionalen und saisonalen Zutaten

Mit Fotos von Bettina Edenhuber
Knaur Verlag, München, 2023, 256 Seiten, 22.-- Euro
ISBN 978-3-426-65918-2
Vorgekostet

Heute reisen wir nach BAD REICHENHALL.

Dort treffen wir Andreas Hollard. Er ist ein Koch, der seit 30 Jahren am Herd steht und seinen beruflichen Horizont mit einer Ayurveda-Ausbildung, der altindischen Lehre vom Leben, erweiterte. Eigentlich ist es die Lehre vom richtigen Leben und umfasst neben Diäten und Kuren eine gute Lebensführung, Yoga und diverse Heilmethoden, sowie eine ausgeklügelte Küche. Was uns hier aber an erster Stelle interessiert, ist die Ayurveda Küche, wohlwissend, dass die alten Rezepte und Praktiken nur im Kontext einer umfassenden Harmonie wirksam sind. Hollard hat sich aufgemacht, dieses Wissen weiterzugeben und Ayurveda für zuhause geschrieben, das im Knaur Verlag erschienen ist. Die ayurvedische Küche ist eine genuin indische, mit eben landestypischen Zutaten und Würzen. Hollards Ansatz bleibt im Philosophischen dem verbunden, allerdings versucht er einen Spagat und setzt auch heimische Zutaten und Kräuter ein, kreiert so ayurvedisch-bayrische Rezepte, salopp formuliert.

In sechs Kapiteln wird also die bayrisch-indische Allianz vorgestellt, wobei die ersten beiden sich vor allem mit dem Überbau auseinandersetzen. Das ist Gesundheit für den Körper, Geist und Seele sowie Die Kunst des Kochens. Die restlichen vier Abschnitte orientieren sich an den Jahreszeiten. 

Das erste Kapitel soll erklären, wie diese ganzheitliche Heil- und Lebenskunst aufgebaut ist. Wenn wir uns selbst kennen und wissen, was stärkend und schwächend für das Leben ist, können wir richtige Entscheidungen treffen, ist da zu lesen. Das heißt auch, gut handeln lassen, und meint, nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere Umwelt. Weil wir Teil der Natur sind, stecken in uns auch unterschiedlich anteilig die fünf Lebenselemente: Wasser, Feuer, Erde, Metall und Holz, im Sinne der chinesischen Medizin. Dazu gesellen sich die drei Doshas, Vata, Pitta und Kapha. Sie werden als Bioenergien oder Grundkräfte bezeichnet, die letztlich jeden von uns definieren nach Merkmalen, Eigenschaft und Wesensart. Daraus werden zuguterletzt die individuell richtige Ernährung aber auch Kuren zur Reinigung und Entschlackung unseres Körpers abgeleitet. In der Kunst des Kochens versucht Hollard dann zu erklären, warum energetisches Kochen die Gerichte schmackhafter und nahrhafter macht. Da geht es um Liebe, Dankbarkeit und Achtsamkeit, also ums Kochen mit allen Sinnen, und mündet in die ayurvedische Küchenpraxis, d. h., es werden die Basics vorgestellt, nämlich die wichtigsten Gewürze, die Zubereitung von reinem Butterschmalz oder Ghee wie auch die basische Suppe und die richtige Reihenfolge beim Kochen. Diese beiden ersten Kapitel bilden den Theorieteil und machen ein Drittel des Buches aus.

Nun beginnt der eigentliche Rezepteteil, der dem Jahresreigen unterstellt ist. Das Frühjahr ist die Jahreszeit des Aufbruchs und der Erneuerung, das bedeutet Entschlacken und Entgiften mit der richtigen Ernährung. Kuren ist angesagt, verbunden mit Ritualen, die man mitmachen kann oder auch nicht, und Massagen wie die Fußreflexzonenmassage. Zur Frühjahrskur gibt es eine umfangreiche Einkaufsliste mit Gewürzen, Obst, Gemüse und Milchprodukten sowie Massageöl. Mit dem Kreuzkümmeltee konnte ich mich gut anfreunden. Erstens, weil ich den Kreuzkümmel mag, und zweitens, weil er langsam getrunken werden muss, also entschleunigend und entschlackend wirkt. Das Zucchini-Fenchel-Gemüse wie auch Kadhi, ein Reis-Mungdal-Gericht, kamen ebenfalls bei uns gut an. Es sind leichte Gerichte, die sich schnell umsetzen lassen. Ob man dazu auch ein Baum-Ritual zum Krafttanken benötigt, sei jedermann und -frau selbst überlassen. 

Beim Frischkäse-Wiesenkräuter-Aufstrich treffen wir dann auf heimische Zutaten wie Schafgarbe, Löwenzahn, Gänseblümchen und Bärlauch. Zutaten, die auch Hildegard von Bingen schon teilweise verwendete, bspw. das Gänseblümchen, das für einen gesunden Menschen gut zu essen ist, weil es das gute Blut in ihm vermehrt und einen klaren Verstand bereitet … In der Ayurvedaküche sind die dekorativen Gänseblümchen vor allem eine beliebte Salatbeilage, sie geben ihm eine leichte Schärfe. Das Apfelchutney war für mich eine schöne Neuentdeckung. Bei meinen Enkeln, die ich versuchsweise davon kosten ließ, kam das Chutney nicht so gut an. Ich vermute, dass sie den süß-sauren Geschmack nicht einordnen konnten. Dagegen fand das Lachsforellenfilet in Bärlauch-Kurkuma-Sauce auch bei den Jüngsten großen Anklang, alles wurde ratzeputz aufgegessen.

Bei den Rezepten gibt uns der Autor neben der allgemeinen Anleitung noch Tipps und wichtige Kochhinweise sowie Infos über Wirkung der Gerichte: blutreinigend, Immunsystem stärkend etc. 

Die Brennnesselknödel werden demnächst ausprobiert. Da bin ich schon gespannt, wie diese Variante mit Ghee, Kurkuma und Ingwer schmeckt. Dazu passt auch das Apfelchutney, wird hier vermerkt, dort fehlt allerdings der Hinweis auf die Knödel. 

Insgesamt sind es mehr als 60 Rezepte der ayurvedischen Küche mit europäischem Zuschnitt, die Hollard in Ayurveda für zuhause präsentiert. Schöne Foodfotos, teilweise als Nahaufnahmen, geben eine klare Vorstellung der Gerichte wider. Überhaupt ist dieses Kochbuch nach ayurvedischen Ernährungsprinzipien sehr einfühlsam gestaltet, was das Lesen erleichtert, denn das Textvolumen ohne die Rezepte ist enorm. Sowohl der theoretische als auch praktische Teil sind gut verständlich geschrieben. Warum für die Übersichtstabelle der verwendeten Gewürze und Kräuter am Ende so eine kleine Schrift verwendet wurde, bleibt wohl für immer ein Rätsel. Auch das Rezeptregister hätte noch eine Ergänzung bzw. den Zugang über die verwendeten Zutaten gut vertragen. Ansonsten aber sind die Rezepte im ayurvedisch-bayrischen Zutatenmix eine gute Anregung für eine abwechslungsreiche Alltagsküche. Zudem eine sehr gesunde!