Bishara Rawia: Hummus, Bulgur & Za’atar

Mediterran-orientalische Köstlichkeiten

Aus dem Englischen übersetzt von Amelia Sassano.
Fackelträger Verlag, Köln, 2015, 224 Seiten, 19.99 Euro
ISBN 978-3-7716-4585-4
Vorgekostet

Heute geht es in den Nahen Osten.

Bereits der Buchumschlag springt ins Auge. Ein Foto von einem alten handgemachten Sieb in erdfarbenem Braun vor dem Hintergrund eines blau dominierten blumengemusterten Deckchens, und im Sieb eingebettet der Titel: Hummus Bulgur & Za‘atar. Mediterran – orientalische Köstlichkeiten von Rawia Bishara. Schlägt man die erste Seite auf, so ziert den Vorsatz ein Foto einer von Olivenbäumen dominierten Landschaft in zartem hellen Grün. Diese Bilder entführen mich augenblicklich in den Orient. Ich kenne diese einfachen Haushaltsgeräte und diese wunderschönen Landschaften von alten Olivenbaumbeständen aus Isreal und dem Libanon. Einige Seiten weiter werden die Levante-Impressionen bestätigt: In der Einleitung beschreibt die Autorin Bishara ihre palästinensisch-israelische Herkunft. Aufgewachsen in Nazareth, in den Bergen Galiläas, wandert sie später mit ihrem Mann nach New York aus, wo sie heute das Restaurant Tanoreen führt. Dort zelebriert und interpretiert sie ihre einfallsreiche Nahostküche jeden Tag aufs Neue. Diese ist geprägt von ihren Kindheitserinnerungen, von ihren Großeltern und den kulinarischen Feinheiten lokaler galiläischer Kochtraditionen die mit Tomaten, Auberginen, Okra, geräucherten Weizen, Sesam, Satar, Sumak, Minze und anderen Nahrungsmitteln und Gewürzen wahre Gaumenfreuden bereiten. Nicht zu vergessen die palästinensischen Oliven, die für mich überhaupt die besten sind und in Bisharas Rezepten vor allem als Öl in Erscheinung treten und das in reichlichem Ausmaß.

Dieses Kochbuch ist also das Ergebnis einer vieljährigen Kochleidenschaft auf der Basis der palästinensischen Küche. Aber es ist auch von ihren Europareisen beeinflusst und natürlich ihrer jetzigen Heimat den USA. Es sind somit auch diese vielen anderen Geschmacksvorstellungen und neuen Gerichte die ihren Horizont und ihr Repertoire erweiterten und in ihren Rezepten Eingang fanden. Das macht dieses orientalische Kochbuch ein Stück weit zu einem europäischen.

Zum inhaltlichen Aufbau von Hummus Bulgur und Za‘atar. Der ist bis auf zwei Abweichungen klassisch. Den Kapiteln Vorspeisen, Salate, Suppen & Eintöpfe, Hauptgerichte, Beilagen, Eingelegtes & Saucen und Desserts sind noch ein Frühstückskapitel eingefügt und einer mit Speisekammer betitelten Doppelseite, wo orientalische Gewürze und Grundzutaten aufgelistet sind. Beides sehr sinnvoll. Zum einen erfährt man dass ein Frühstückstisch in Nah-Ost-Ländern etwas reichhaltiger gedeckt ist als in unseren Breitengraden, zum anderen verschafft die Speisekammerlistung in Kürzestform einen guten Überblick über Bekanntes und Unbekanntes wie Mahlab, Mastix, Sumak und anderes. Auch sind allen angeführten Nahrungsmitteln und Gewürzen wertvolle Tipps angefügt, so erfährt man dass sich aus Kreuzkümmel zusammen mit Ingwer ein guter Verdauungstee brauen lässt, dass Piment den Wildgeschmack bei Lamm mildert und so weiter.

Bei ihren Frühstücksvorschlägen ist mir Eier mit Za‘atar aufgefallen, eine neue raffinierte Art der Frühstückseizubereitung. Dazu wird Weißbrot, in 5 cm dicke Scheiben geschnitten, jeder Brotscheibe ein münzgroßes Loch ausgestochen, kurz in Olivenöl angebräunt und dann in jedes Brotloch ein Ei eingeschlagen. Mit Za‘atar und Sumak gewürzt wird diese Eierspeise in der zugedeckten Bratpfanne 2-3 Minuten gegart. Und fertig ist dieser überraschende, köstlich duftende Eierwahnsinn der sich auch gut zum Brunch eignet.

Der Vorname der Autorin, Rawia bedeutet auf Arabisch „Geschichtenerzähler“. Und so lässt es sich die Autorin nicht nehmen, jedem Rezept eine kleine Geschichte voranzustellen. Das können bspw. Vergleiche sein, so findet sie etwa, dass ihr Paprika-Walnuss-Aufstrich sehr dem spanischen Romesco ähnelt. Aber es sind immer sehr persönliche Beschreibungen die die Bedeutung der Gerichte noch ein wenig mehr hervorheben. Aubergine Napoleon hat Bishara inspiriert dieses Kochbuch zu machen. Dieses Gericht, so hebt sie hervor, ist eine kulinarische Begegnung des Nahen Ostens mit den USA. Allerdings hat sie dieses Rezept vorrangig erfunden, um ihrem Sohn die Auberginen schmackhaft zu machen. Auch mir hat sie mit diesem bekömmlichen Gericht die Aubergine neu erschlossen.

Bei der Falafel merkt die Autorin an: Was für die Amerikaner die Burger, sind für die Araber die Falafel: Fast Food. Aber sie weiss natürlich auch, dass die Falafel in ihrer unbeschreiblichen Vielfalt an Zutaten und Saucen etwas Außergewöhnliches ist, während Burger, na, das muss man nicht mehr erklären. Bisharas ausgezeichnete Falafel ist vor allem geprägt von den Gewürzen Koriander und Kreuzkümmel, für die sie überhaupt eine Vorliebe zu haben scheint. Sehr viel, in großen Mengen – fast schon verschwenderisch – verwendet sie in ihren Rezepten auch Olivenöl, Zitronen und Za‘atar. Wem das zuviel ist, der sei auf das Ende ihres Vorworts verwiesen: „Ich gehe sehr großzügig mit Gewürzen um und mag den Geschmack, den ein guter Schuss Zitronensaft dem Gericht verleiht. Würzen Sie das Essen nach Ihrem Geschmack und freuen Sie sich darauf, es für Menschen zuzubereiten, die Ihnen wichtig sind. Kochen ist etwas sehr Persönliches, machen Sie Gebrauch von ihrer Vorstellungskraft, Intuition, Leidenschaft und Ihren Geschmacksknospen!“

Ausprobiert von den Rezepten habe ich den Tomaten-Auberginen-Salat. Dann die Linsen-Nudel-Suppe mit Grünkohl, die jedoch so eingedickt mehr einem Auflauf als einer Suppe ähnelte und als Hauptgericht Bestnoten von den Bekochten bekam und deren Rezept Sie am Ende erfahren. Es geht doch nichts über eine gute Suppe, oder? Als Nachtisch gab es ein rubinrotes Früchtekompott, das einige zu Apfelkuchen andere mit Vanilleeis genossen.

Generell ist anzumerken, dass die Rezepte eher einfach sind in der Zubereitung. Sie gewinnen vor allem durch die kreativen Würzvorgaben und schmecken manchmal mehr europäisch und dann wieder eher orientalisch. Schön sind auch die zusätzlichen eingestreuten kulturellen Notizen, etwa wenn es um Kibbehzubereitung geht, um die Bedeutung von Familienessen oder Ostern in Nazareth um drei hervorzuheben. Ein großes Lob gilt den Fotos von Peter Kessedy. Die Motive und Farben spiegeln orientalische Lebensfreude wieder und das gut verteilt übers ganze Buch.

Dieses Kochbuch beweist, dass die orientalische Küche mehr bietet als Falafel oder Sis Kebab. Und sollten Sie die eingangs erwähnten unbekannten Gewürze verunsichern, keine Sorge, die bekommen Sie beim Türken um die Ecke oder in einem Weltladen. Versuchen Sie sich in der israelisch-palästinensischen Küche, Sie werden staunen welch neue Geschmackswelten sich auftun.

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