Cinead McTernan, Der essbare Garten in einem Topf

Köstliche Rezepte - zusammen gepflanzt, zusammen gekocht

Aus dem Englischen übersetzt von Angela Schumitz
AT Verlag, Aarau und München, 2016, 144 Seiten, 20.60 Euro
ISBN 978-3-03800-898-9
Vorgekostet

Heute geht es ums Essen aus Balkonien.

Mein Balkon misst 1,80 x 4,00 Meter und ist nach Süden ausgerichtet. An der Balkonbrüstung hängen Blumenkästen mit Petunien, Astern, Fächerblumen, Clematis und Lavendel. Die Blumen, ein kleiner Tisch, zwei Stühle und eine Hängematte machen meinen Balkon zu einer kleinen Oase. Ein Erholungsort, der in weniger als 30 Sekunden erreichbar ist und nicht überlaufen. Ein Balkon kann aber mehr sein als Urlaubsglück ohne Anreisestress. Geht es nach Cinead McTernan, einer in England lebenden gärtnerisch veranlagten Journalistin, so bieten selbst kleinste Balkone und Terrassen die Möglichkeit, Gemüse und Obst in Kübeln oder Töpfen anzubauen. In ihrem Buch, Der essbare Garten in einem Topf, das im AT Verlag erschienen ist, erweitert sie den Schaugarten Balkon zu einem Nutzgarten auf engstem Raum. Der Schrebergarten wird in die Wohnung geholt. Ihr Konzept ist: in einem Topf all das Gemüse und die Kräuter zu ziehen, die als Zutaten für ein bestimmtes Gericht notwendig sind. Beispielsweise benötigt man für ein einfaches Ratatouille Zucchini, Paprika, Auberginen und Tomaten, die zusammen, in einen Pflanztrog mit den Maßen von einem halben Meter mal einem Meter angebaut werden können. Zwar kann man sämtliche Zutaten dieses Gerichts erst im Spätsommer ernten, aber Zucchini und Paprika sind bereits ab dem Frühsommer erntereif und können für andere Gerichte verwendet werden. Der Untertitel dieses Garten-Kochbuchs lautet ‚Köstliche Rezepte – zusammen gepflanzt, zusammen gekocht‘. Damit präzisiert die Autorin ihr Anliegen der Ein-Topf-Gerichte. Zuerst sieht man nur die Zutaten für die eigenen Mahlzeiten in einem Topf heranwachsen. Dann werden sie geerntet und in einem Kochtopf der letzten Bestimmung zugeführt – nämlich mich zu ernähren. Ein nützlicher Kreislauf mit handfesten Vorzügen.

Das Buch Der essbare Garten in einem Topf besteht aus zwei Teilen. Auf den ersten 40 Seiten geht es zunächst um gärtnerische Informationen und Tipps. Da erfährt man, welche Werkzeuge, Topfgrößen und -formen aber auch Samen und Pflanzen man benötigt. Gärtnerische Fragestellungen zu Standort- und Sortenwahl werden genauso beantwortet wie Schritt für Schritt-Anleitungen des Säens, Pikierens und Einpflanzens der Setzlinge gegeben, die dazu führen, dass selbst Anfänger ihr Topfgemüse problemlos ziehen können.

Im zweiten, umfangreicheren Hauptteil des Buches werden 25 Rezepte und dementsprechende Obst-Gemüse-Kräuter Anbaukombinationen ausführlich vorgestellt. Dieser Koch- und Pflanzbuch-Teil wird in fünf Abschnitte aufgesplittet, die auch am vorderen Buchschnitt farblich sichtbar gemacht sind. Es beginnt mit dem Kapitel Kleiner Imbiss, dem Salate und Suppen, ein Schnelles Abendessen sowie Leckere Begleiter folgen und endet mit Getränke und Süsses. Die Rezepte sind überwiegend vegetarisch. Wer Schweine- oder anderes Fleisch erwartet, wird enttäuscht. Das gibt es hier nicht. Auch sind die Rezepte nicht für große Esser ausgelegt. Die Gartenpizza ist mit Mozarella, Majoran-, Oregano- und Basilikumblätter belegt, zwar sehr grün, aber wenig herzhaft. Sowohl das Karottenpesto als auch das Mangoldpesto, einmal als Brotaufstrich für ein Abendessen, Letzteres zu Mittag mit Bandnudeln serviert, schmeckten vorzüglich. Die Karotten mit Mandeln verfeinert, der Mangold mit Haselnüssen ergänzt, sind eine gute Idee von McTernan. Besonders gut geschmeckt hat mir die Rote-Bete-Suppe. Diese heiße Rohnensuppe an einem der letzten kalten Wintertage genossen, wärmte mich innerlich und äußerlich wegen der tollen tiefroten Farbe auf. Diesen kulinarischen Farbgenuss will ich Ihnen nicht vorenthalten; das Rezept befindet sich im Rezept-Ordner.

Auch ausprobiert habe ich die Palmkohl-Sellerie-Suppe, allerdings mit Spitzkohl, den ich noch über hatte.  Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, während die Dicke-Bohnen-Creme mit Salbei ein Leckerbissen war, der überraschte. Die Zutaten für dieses Gericht habe ich Ende März in einem Kübel mit 50 cm Durchmesser gepflanzt. Der ausführliche Anleitung folgend sind in 70 Liter Erde ein Päckchen Bohnensamen, Knoblauchzehen, Salbeipflänzchen und Hornveilchen eingebracht. Noch sieht es recht armselig aus. Aber im Sommer erwartet mich üppiges Grün mit violetten Farbtupfern, Bohnen, Knoblauch und der Duft von Salbei. Dann gibt es noch einmal die Dicke-Bohnen-Creme mit Salbei, allerdings sind dann die Zutaten aus eigenem Anbau. Ein erster Versuch, meinen Balkon in einen Minigemüsegarten umzuwandeln.

Die Idee, die Zutaten und das Gekochte, alles in einem Topf, finde ich sehr originell. Ob es sich in der Praxis bewährt, wird sich herausstellen. Das schön gemachte, gut lesbare Buch ist klar strukturiert und mit wunderbaren Fotos von Jason Ingram und auflockernden Illustrationen von Becky Clark angereichert. McTernans essbarer Garten in einem Topf gibt vor allem jenen Menschen Ideen und Impulse, die gerne ihre eigene Nahrung anbauen möchten aber begrenzt sind an Raum und Zeit. Mir verschafft dieses Buch den essbaren Balkon und die Vorstellung, mit ein Teil der grünen Revolution in meiner Stadt zu sein.

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