David Frenkiel & Luise Vindahl, Die grüne Küche auf Reisen

Vegetarisches aus aller Welt

Übersetzt von Linde Wiesner
Knesebeck Verlag, München, 2015, 256 Seiten, 36.-- Euro
ISBN 978-3-86873-806-3
Vorgekostet

Heute reisen wir um die WELT.

Das machen viele, werden Sie denken, und es stimmt auch. Vor allem junge Menschen treten in Magellans Fußstapfen und spulen mit einem round-the-world-ticket Flugmeile um Flugmeile ab – den Globus umrundend – bis sie nach einigen Monaten wieder im Heimathafen landen. Nicht ganz so straight, aber auch weltreisend unterwegs sind Luise Vindahl und David Frenkiel. Sie, Dänin mit italienischen Wurzeln, und er Schwede, mit Vorliebe für mediterrane Länder, lernten sich im Urlaub in Italien kennen und lieben. Daraus ging Elsa hervor und wart fortan die Dritte im Bunde und nun den Alltag bestimmende Begleiterin der beiden. In den ersten vier Lebensjahren Elsas reiste die Jungfamilie in 15 verschiedene Länder auf fünf Kontinenten. Mit einem Baby zu reisen verändert aber die Planung gewaltig. Nicht nur die Reiseziele müssen abgestimmt werden auf kleinkindtauglich, sondern auch die Essgewohnheiten. Luise und David machten deshalb aus der Not eine Tugend. Zwar gab es an den entlegendsten Orten der Welt Restaurants mit Kinderkarte, aber die entsprachen fast nie den Vorstellungen des jungen Elternpaars. Deshalb kreierten sie ihre eigenen vegetarischen Reisegerichte – baby- bzw. kleinkindgerecht. Diese kulinarischen Erfahrungen (Kost und Zubereitung) sind nun vereint in dem vom Knesebeck herausgegebenen Kochbuch Die grüne Küche auf Reisen.

In der Einleitung stellen die Autoren klar, dass ihr Kochbuch kein ernährungsphilosophischer Exkurs ist, sondern praxisorientiert an drei Maximen festhält: gesund, grün und natürlich. Und das kann köstlich sein, wie die etwa 70 Rezeptvorschläge beweisen. Die Basis für ihre Gerichte sind Gemüse, hochwertige Fette, Vollkorn, natürliche Süßungsmittel, Hülsenfrüchte, Samen, Nüsse und Obst. Natürlich gibt es Lebensmittel, die sie bevorzugen, das lässt sich aus der Häufigkeit mancher Zutaten rückschließen. Bspw. werden Mango, Quinoa, Kürbis und Linsen – so mein Eindruck – öfter als die anderen Zutaten verarbeitet, was aber keinen Qualitätsbruch bedeutet. Und es werden – nicht einmal so wenig – immer wieder exotische Nahrungsmittel verkocht. Etwa Acai-Beeren, Chia-Samen, Lucumapulver, Amaranthsamen, Weizengras usw. Leider werden diese Exoten nicht vorgestellt, dabei hätten sie ein kurzes erklärendes Glossar wohl verdient, wie auch anzuführen wäre, welche Alternativen es für sie gäbe. Aber das ist verschmerzbar angesichts der leckeren Rezeptvorschläge.

In acht Kapiteln werden die Rezepte unterteilt, nicht ohne, dass vorher das Thema Reisen mit Kindern ausführlichst behandelt würde. Ein wichtiges Kapitel, das keine Fragen offen lässt. Die Rezeptkapitel selbst sind ein Mix aus Traditionellem wie Frühstück, Vorspeisen, Suppen, Getränke und Süße Gaumenfreuden sowie anderem, nämlich Fingerfood, Abendessen und Gutes im Glas. Am ausführlichsten widmen sie sich dem Frühstück. Und so wird gleich zu Beginn eine kleine Vielzahl an Haferflocken im Glas-Varianten vorgestellt, die jeden Müslifan begeistert. Auch mich. Und, sie sind nicht nur kindgerecht, sondern auch gut als Vorratsanlage und für Picknicks oder Frühstück im Grünen. Besonders gut gefallen hat mir das traditionelle Smörrebröd-Essen, zu dem Luises Großeltern immer einladen. Da gibt es ein veganes Nuss-Samen-Brot, ganz ohne Mehl, zu welchem verschiedene Belage serviert werden. Das kann von Marmeladen über Aufstriche bis zu Gemüse- und Eiersalate reichen. Wir hatten nicht nur viel Spaß bei der Zubereitung der verschiedenen Beläge und dem Nussbrot, sondern unterhielten uns beim Verzehr sehr angeregt über weniger bekannte skandinavische Essgewohnheiten. Sehr angetan bin ich von den knusprigen Auberginen mit Honig & Limetten. Dabei werden die Auberginestücke wie Schnitzel – allerdings in Poletagrieß getunkt – im Ofen gebacken. Diese Auberginenschnitzel mit ein wenig Honig beträufelt schmeckt jedem Kind. Und weil ich von diesem Rezept so begeistert bin, habe ich es für Sie im Rezept-Ordner abgelegt. Ausprobieren musste ich auch die Summer Rolls mit Zitronengras & Kokos. Nicht nur weil ich von der vietnamesischen Küche überzeugt bin, sondern auch weil es meine Tofurezeptesammlung erweitert. Und welch ein Glück, diese Glücksrollen mit Zitronengras und Kokosflocken verfeinert sind eine wahre Gaumenfreude!

Sehr sommerlich geht es in der Abteilung Vorspeisen & Salate zu. Die unzähligen Rezeptvorschläge pendeln zwischen Orient und Okzident und es fällt einem schwer, eine Entscheidung zu fällen. Da hilft nur, Augen zu und mit dem Zeigefinger das Salatverzeichnis anvisieren. Ich tippte auf den Farro-Salat, einen Körnersalat mit Dinkel und Teleggiokäse, ein Supertreffer. Dieser Salat im Glas eignet sich bestens für ein Picknick.

Von den vielen tollen Rezepten möchte ich noch zwei hervorheben, die ungewöhnlich sind. Im süßen vietnamesischen Gurkensalat verbinden sich Gurke, Radieschen, Erbsensprossen und die Andeutung von Korianderblättern, Sesamsamen, Chilischote, Limette und Honig zu einer wahren Geschmacksbombe. Und auch der gebackene Blumenkohl mit Chermoula ist eine wahre Gaumenfreude. Die Idee ist so simpel, dass man nicht darauf kommen kann. Ein Kohl wird mit einer marokkanischen Marinade, die eigentlich für Fisch- und Fleischgerichte verwendet wird, eingerieben d.h. übergossen und nach ein paar Stunden im Backrohr gebacken. Das Ergebnis ist umwerfend.

Was Sie sonst noch erwartet, kann ich nur kurz aufzählen: Kalte Avocadosuppe, Zuppa di Ribollita, Gnocchi aus Süßkartoffeln, Polenta mit Pilzen und Artischocken, Süße Cashew-Dattel-Milch, Waldbeeren Tarte, Torta die ricotta e polenta und und und.

Die grüne Küche auf Reisen überzeugt nicht nur wegen ihrer Vielfalt an Rezepten, die in der Regel nicht kompliziert zuzubereiten sind. Auch die Fotos von David und Johanna Frankiel sind sehr beeindruckend. Sie spiegeln Alltagsszenen und Landschaften vieler Länder und Kulturen, gleichwohl sie auch viele Gerichte anschaulich wiedergeben. Ein sehr lustiges Foto ist mit Elsa, die mit dem Rücken zum Betrachter im Reisekoffer sitzt und darauf zu warten scheint, dass die Eltern endlich losfahren.

Dieses sehr schön gemachte Kochbuch ist höchst anregend und eine Fundgrube an äußerst bekömmlichen Rezepten aus der weiten Welt, die auch kindgerecht sind. Ich schenkte Die grüne Küche auf Reisen einem Freund der gerade Vater wurde. Er nutzte es sofort für seine Reiseplanung nach Südostasien. Was will man mehr?

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