Heute geht es um Kochen und Essen in PERU.
Das südamerikanische Land Peru ist 15 Mal so groß wie Österreich. Es erstreckt sich vom Pazifischen Ozean über das Andenhochland bis zum Amazonasbecken. Die Topographie des Andenstaates, sie umfasst drei Klima- sowie über 80 Vegetationszonen, lässt die Herzen von Spitzenköchen wie Virgilio Martinez, Ignacio Barrios, Karime Lopez und Gaston Acurio höher schlagen. Gut essen konnte man in Peru schon immer, doch seit einigen Jahren gibt es einen richtigen Gourmetboom. Mitverantwortlich für diesen Erfolg ist die ungeheure Vielfalt an Nahrungsmitteln des Landes. Den Boden für das gastronomische Glück bereiteten bereits die präkolumbischen Hochkulturen. Die alten Inkas terrassierten die Berghänge und pflanzten Bohnen, Chilis, Kürbisse, Kakao, Erdnüsse, Tomaten, Avocados, Quinoa und vieles mehr. Eine Renaissance erlebt die vitaminreiche Hochlandkartoffel in ihrem Heimatland – sie wird jetzt auch von der Haute Cuisine gefeiert. Und mit mehr als 50 Sorten verfügt Peru über die größte Maisartenvielfalt weltweit. Zu der natürlichen Vielfalt kommen die kulinarischen Einflüsse der Einwanderer aus Asien, Europa und Afrika. Hunderttausende Immigranten aus Japan und China strömten im 19. Jahrhundert ins Land und kreierten die neuen Fusionsküchen Nikkei und Chifa, die aus der Landesküche nicht mehr wegzudenken sind. Die Spanier brachten die Eintöpfe, die afrikanischen Sklaven exotische Gewürze, die Japaner die Vorliebe für rohen Fisch. Für Gaston Acurio, dem Begründer der neuen gehobenen Küche, macht die Zusammenführung der kulinarischen Einflüsse von außen mit dem Erbe der indigenen Völker den Reiz des peruanischen Essens aus. Acurio, Starkoch, Besitzer einiger Restaurants und Nationalheld wirbt unermüdlich für die neue peruanische Kochkultur, auch als Fernsehkoch und Autor von Rezeptbüchern. Sein jüngstes Werk Peru – das Kochbuch ist im Edel Verlag erschienenen und präsentiert rund 500 authentische Rezepte. Trend und Klassiker gleichzeitig ist Ceviche ein traditionelles Gericht meist aus rohem, klein geschnittenen Fisch. Für Gourmets eine Gaumenfreude, für Perus Küstenbewohner ein Alltagsgericht. Ceviche ist aber mehr als trendig, es ist Statussymbol eines Landes und prägend. In Peru stieg die Zahl der Cevicherias, wie die Fisch-Restaurants heißen, in den letzten zwanzig Jahren von zweihundert auf etwa zwanzigtausend. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass an erster Stelle im Peru-Kochbuch die Ceviches stehen. 55 Variationen des wohl bekanntesten peruanischen Gerichts stellt Acurio vor. In der Regel sind sie schnell gemacht, gesund, mitunter exotisch wenn Seeigel-Eierstöcke, Abalonen, Trogmuscheln oder andere Meeresfrüchte beigemengt werden. Die Zubereitung von Ceviche ist fast immer gleich: über den würfelig geschnittenen Fisch samt Würze und Zutaten wird Limettensaft, viel Limettensaft geschüttet. Die Säure kocht den Fisch, das dauert nur ein paar Minuten und fertig. Die traditionelle Beilage besteht aus gekochten Maikolbenstücken und Süßkartoffeln. Eine Mahlzeit die man kosten muss; sie schmeckt frisch und exotisch und die Tigermilch-Marinade, sofern diese angesetzt wird, hebt den Rohfisch und eine dezente Schärfe hervor. Ausprobiert habe ich Miguel Schiaffinos Batik-Tiradito mit Bananen-Maracuja-Saft, ein Gericht, das Küste und Amazonas verbindet. Anstelle des Airamposamen, das ist der Samen eines Kaktus, verwendete ich – wie vorgeschlagen – Rote Bete, also Ronen. Es schmeckte fantastisch. Tiraditos sind peruanisch-asiatische Fusionsvarianten von Ceviche.
In neun Kapiteln präsentiert Acurio die peruanische Küche. Dem Ceviche-Abschnitt folgen die Vorspeisen, dann Streetfood. Letzteres mag überraschen, streicht aber die Wichtigkeit der Alltagsküche am Straßenrand der Städte und auf peruanischen Märkten heraus. Besonders beliebt sind Anticuchos, Grillspieße mit Fleisch und anderen Zutaten bestückt, die als Straßensnack verkauft werden. Der Hähnchen-Anticucho mit einer eigenen Fleischspießsauce ist eine willkommene Abwechslung gegenüber dem gängigen Hühnerküchen-Alltag. Umfangreich ist das Kapitel Suppen und Eintöpfe. Darin finden sich eine üppige Theologensuppe genauso wie die sämige Quinoa-Suppe, ein Rezept, das die Peruaner mit einer lange verschmähten heimischen Pflanze wieder bekannt machte. Heute wird Quinoa oder Andenhirse weit über die Grenzen Perus hinaus in aller Welt geschätzt. Es enthält einen hohen Anteil an Aminosäuren und ist für Eintöpfe, Desserts, Brote und Getränke verwendbar. Gaston Acurio hat einige Quinoa-Rezepte in diesem Kochbuch aufgenommen. Die Hühnerbrühe habe ich ebenfalls ausprobiert und sie war mit den eingearbeiteten Spaghetti und dem eingeträufelten Limettensaft eine neue kulinarische Erfahrung. Den Kindern anlässlich einer Geburtstagsfeier serviert, hatte sie jedenfalls ausgezeichnet gemundet.
In weiterer Folge widmen sich die Kapitel dem Reis und Pfannengerichten sowie Tacu Tacus, dem Chili inklusive Eintöpfen und Gebratenem, den Desserts und Süßem, den Getränken und abschließenden Grundrezepten. Ein ausführliches Glossar und Register hängen an. Dieses Kochbuch ist ein veritables Meisterwerk über die peruanische Esskultur und den Reiz, Bewährtes mit Neuem zu verbinden. Normalerweise sind traditionelle Rezepte etwas einfacher, fettärmer und nicht so würzig zubereitet. Die hier vorgelegten Rezepte sind verfeinerte Gaumenfreuden, die zu einer lukullischen Entdeckerreise einladen. Ocopa-Kartoffeln, eine schnell zubereitete Vorspeise, ist so eine Entdeckung.
Unbedingt erwähnt werden muss aber auch die Gestaltung dieses Kochbuchs. In unterschiedlichen pastellfarbenen Tönen gekennzeichnet sind die einzelnen Kapitel. Regenbogenfarben, bunt wie das Land Peru, ist auch der Buchumschlag ein optischer Genuss. Klar und übersichtlich gegliedert sind die Rezepte, mit genauen Zeit- und Mengenangaben. Zahlreich die schönen Fotos, die bildhaft die vielfältige und raffinierte peruanische Küche in den Mittelpunkt rücken. Peru – das Kochbuch ist eine wahre Entdeckung in der kulinarischen Welt.