Gerd Rindchen, Rindchen kocht

Das Buch mit Genussgarantie! Wie Sie ganz einfach leckere Gerichte zubereiten und dazu die passenden Weine finden

Mit Fotografien von Arvid Knoll
Foodstylist Lukas Baseda
Ellert & Richter Verlag, Hamburg, 2021, 208 Seiten, 30.80 Euro
ISBN 978-3-8319-0803-5
Vorgekostet

Heute reisen wir nach HAMBURG.

Dort besuchen wir Gerd Rindchen. Der Mann ist eine Institution in dieser Stadt, in die er vor 44 Jahren einbürgerte. Um dort den Zivildienst zu machen und eine Lehre zum Versicherungskaufmann, aber vor allem, um mit Wein zu handeln. Seinen Weinkontor mit rund 120 Mitarbeitern in einigen Filialen und über 20 Millionen Euro Jahresumsatz hat Rindchen inzwischen verkauft. Aber Ruhestand gibt es für diesen Mann nicht, dazu hat er zu viele Interessen. Er ist ein Lebemensch und Poet, tritt sporadisch als Schnelldichter und Liedermacher auf. In einigen Tagesblättern schreibt er Artikel und Kolumnen über Essen und Wein natürlich. Auch Bücher hat er mehrere herausgegeben. Das aktuellste ist wohl Rindchen kocht, das im Hamburger Verlag Ellert & Richter herausgekommen ist. 

Der Untertitel verspricht Genussgarantie! mit Ausrufzeichen. Ob das einfach so ein Schnellfeuer-Spruch ist? Jedenfalls hat sich Herr Rindchen vorgenommen, einfache, leckere Gerichte mit dazu passenden Weinen vorzustellen. Gleich vorweg, das ist im gelungen.

In sieben Kapiteln präsentiert Rindchen seine Rezepturen, die sich vor allem aus der italienischen, französischen, deutschen, österreichischen und ein wenig spanisch-portugiesischen Küche bedienen. Bekanntes und weniger Bekanntes präsentiert Rindchen auf seine charmante Art und in einer witzig, leicht süffisanten Sprache. In seiner Einleitung wünscht er sich, dass sein Buch vor allem viel benutzt wird, wenn ihm auch klar ist, dass Sie und ich bereits stolze Besitzer mehrere Kochbücher sind, die auch genutzt werden wollen. Rindchen spricht uns daher direkt an: … vor Ihnen liegt, tätää!, ein Kochbuch. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – unser Schrank ist jedenfalls voll von Kochbücher, die großenteils vor sich hinvegetieren, weil ihnen so wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. Und dann noch ein neues Kochbuch? … nicht mal von einem Profi! Und warum wartet die Welt gerade auf dieses Kochbuch? … weil ich nie professionell kochen gelernt habe … feinmotorisch äußerst mäßig begabt bin … (und) wenn ich schon diese Gerichte hinkriege, schaffen Sie das auch! Dazu gibt er noch Hintergrundtipps, interessante Variationen sowie sehr viele Weinempfehlungen, und das alles gratis. 

Einige der Rezepte wurden bereits im Hamburger Abendblatt veröffentlicht und von den Leserinnen und Lesern gut aufgenommen. 

Über Fonds, nicht den Produkten der Hochfinanz, sondern den essenziellen Grundlagen guter Suppen, Saucen und Risotti sowie Salatdressings und Tomatensaucen öffnet der Autor die Tür zum Kochen. Natürlich gibt es fertige Fonds zu kaufen, aber Selbstgemachtes schmeckt einfach besser. Zudem sind sie unkompliziert und von hoher Qualität. Ein Allrounder ist der Geflügelfond, ein Universalist, der vielseitig einsetzbar ist. In weiterer Folge lässt sich Gerd dann noch über Balsamico in Dressings mit Variationen aus, sowie seiner Universal-Tomatensauce, die in diversen Pastagerichten zum Einsatz kommt. Als Beispiel dieser romantischen Vermählung von Sauce und Pasta führt er Penne allla Putanesca an. Wörtlich übersetzt heißt das Rezept ‚nach Hurenart‘. Angeblich, weil es so schnell zubereitet werden kann, dass die Frauen es zwischen den Besuchen ihrer Kunden kochen und verzehren konnten. Jedenfalls verwendet Rindchen Penne-Nudeln, das sind die kleinen Röhrchen. Klassisch wird es mit Spaghetti zubereitet. 

Kapitel 2 handelt von Eiern, Kartoffeln bis Pasta und Quiche. Gemeint ist das Allerlei vorab oder umzu, und meint Resteküche im kleinen Rahmen, die auch als Amuse-Gueule durchgehen könnte. Dazu zählen etwa die Eier mit Anchovis und Avocado oder der Ei-Thunfisch-Aufstrich. Alle weiteren Rezepte sind dann schon mehr Vorspeisen bis zu kleinen Hauptmahlzeiten. Dazu zählen für mich die Kartoffeln auf portugiesishe Art und auch das Ofengemüse in Variationen von mediterran bis asiatisch. Interessant finde ich Rindchens drei Quiche-Angebote. Der Teig wird ganz klassisch mit kühlschrankkalter Butter und Eiswasser geknetet und dann beschickt mit grünem Spargel, oder Lauch und Speck, wie es sich für eine Lorraine gehört, oder sanft errötend mit Rote Bete, die dann Quiche „Olaf Scholz“ genannt ist, nach dem aufrechten Sozialdemokraten und deutschen Bundeskanzler. Das kleine Quiche-Glück perfekt macht ein Gläschen mildtrockenen Weines wie ein badischer Gutedel, ein fränkischer Silvaner oder ein eleganter Soave Classico.

Kapitel 2 widmet sich dem Fisch und Meeresgetier. 

In den weiteren Abschnitten geht es dann um Gemüse, von Bohnen über Gurken und Topinambur bis zu Weißkohltöpfen. Mit diesem Abschnitt werden die Herzen der Vegetarier in freudig erregte Schwingung versetzt.

Das Grünzeug wird dann abgelöst von Fleischgerichten, die, aromatisch und lecker, den Bogen von der mediterranen Entenbrust mit Champignonrisotto bis zur Weinviertler Rindssuppe spannt.

Das letzte Kapitel bedient die Naschkatzen und zwar mit teuflisch guten Desserts und Kuchen. Die Mascarponecreme , so einfach und so unschlagbar vielseitig, mit frischen Stachelbeeren bspw. ist mehr als eine Sünde wert. Zudem lässt sie sich wunderbar zu einem Tiramisu verarbeiten. Hier nimmt er Anleihe bei Antonio Cotugno. Eine sehr gute Idee ist der Rhabarber-Kokoskuchen mit Baiserhaube. Weil er einfach allen schmeckt. Deshalb empfiehlt es sich, für diesen Kuchen, da Rhabarber eine relativ kurze Saison hat, einige Stangen einzufrieren. Schade, dass die Rhabarber-Saison schon vorbei ist.

Und der Meister des guten Essen und Weines lässt sein Kochbuch mit einem Plädoyer für hochwertige Weine als Essensbegleiter ausklingen. Der vielleicht wichtigste Satz darin: Der Wein sollte nicht schwächer sein als das Essen!

Dieses Eingeständnis verführt mich nun zur Frage: Wie stellt sich Rindchen aber das ideale Menü vor? Dazu liefert er drei charmante Ideen, die französische, die italienische wie auch eine internationale Variante. Letztere sieht klassische Ceviche als Entrée vor, zum Hauptgang gäb‘s dann einen Seeteufel mit Champignonrisotto und als Dessert den schon gepriesenen Rhabarber-Kokoskuchen. Und weil gutes Essen aus guten Zutaten besteht versorgt er uns auch mit potenziellen Bezugsquellen, allesamt Qualitätslieferanten, wobei die Auswahl den Wohnort des Autors mit Hamburg nicht verleugnen kann. Den ultimativen Schlussstrich allerdings setzt ein gut sortiertes Register.

Rindchen kocht ist ein erfrischendes, kurzweiliges Kochbuch, flüssig und wortwitztig geschrieben, in das man gerne hineinliest und -blättert. Der Autor versteht es, mich als Nutzer zwanglos zu animieren, das eine oder andere Gericht auszuprobieren. Man merkt dem Autor die Freude am Genuss an: Ich esse gern, ich trinke gern, ich koche gern. Daran wird sich nichts ändern, bekannte er in einem Interview. Seine Rezepte machen Hunger, und der ist bekanntlich der Speisen Würze, behauptete zumindest Cicero. 

Schön gestaltet und arrangiert mit einfallsreichen fotografischen Bildern ist dieses Kochbuch eine Augenweide mit Genuss-Impulsen.