Lea Linster, Meine vier Jahreszeiten

Neue Rezepte und Menüs der Spitzenköchin für jede Saison

BRIGITTE-Buch im Diana Verlag, 2013, 160 Seiten, 24.99 Euro
ISBN 978-3-453-28541-5
Vorgekostet

Heute geht es um ein Jahreszeiten-Kochbuch.

„Ein vier Jahreszeiten-Kochbuch ohne lächelnde Lea Linster – undenkbar.“ So oder ähnlich könnte der Kommentar zu einem Kochbuch lauten, von dessen Umschlag uns eine gut gelaunte Starköchin entgegen lächelt. Und Lea Linster weiß, Humor ist beim Kochen so wichtig wie die Qualität der Zutaten einer Speise. Daher ist es nicht verwunderlich, dass unzählige Seiten und Bilder mit einer lachenden, fröhlichen Autorin ihr neuestes Werk, „Meine vier Jahreszeiten. Neue Rezepte und Menüs für jede Saison“ garnieren.

Die einleitende Überschrift stellt klar, was auf den restlichen 155 Seiten zu erwarten ist: „Qualität macht dich glücklich!“ Dies funktioniert natürlich nur, wenn man frische, regionale Produkte verwendet. Somit ist auch vorgegeben, dass nur das auf den Tisch kommt, was gerade wächst oder der Metzger des Vertrauens anbietet. Das heißt, so die Autorin, „jede Jahreszeit hat ihre besonderen Genüsse – man muss nur wissen, wie man sie entdecken kann“.

Das Buch ist klar strukturiert. Die vier Jahreszeiten geben den ersten Rahmen vor. Innerhalb dieser werden zunächst Vorspeisen, dann Hauptgerichte und Süßes vorgestellt, und abschließend der Arbeitsplan eines Jahreszeitenmenüs. So kreiert sie ein Sommermenü aus einem kalten Süppchen aus Melone, Gurke und Paprika, ihren Gourmetsalat, als Hauptgericht ein kalter Schweinebraten mit Radieschensalat und abschließend Knusperhippen mit Himbeeren und Mascarpone, die wirklich eine Wucht sind.

Nachgekocht habe ich vor allem der jetzigen Jahreszeit, also zwischen Frühling und Sommer, zugeordnete Rezepte. So die Burrata auf Spargel. Burrata, ein Frischkäse dem Mozarella ähnlich, kann durch diesen auch ersetzt werden. Diese Vorspeise besticht zunächst durch ihre Einfachheit. Dazu kommt, dass der Spargel mit frischem Orangensaft angedünstet und Letzterer zu einer eingedickten Sauce mit Dijon-Senf und Olivenöl weiter verarbeitet wird. Würzen, fertig, köstlich.

Die Tagliatelle mit grünem Spargel und Parmesan ist eines der schnellen Hauptgerichte, sieht man vom Spargel schälen bzw. die Nudeln selber herstellen einmal ab. Gerade jetzt, solange die Spargelzeit noch andauert und die Markttische sich von frischem Spargel biegen, ist dieses Gericht eine feine Abwechslung im Speiseplan. Und es schmeckt allen.

Der Spinatflan kam besonders gut bei meinen Kindern an. Nicht nur, weil es Spaß macht den Flan aus den Förmchen zu stürzen, sondern auch weil das dekorative Beiwerk, die blanchierten Baby-Zucchini Streifen und Kirschtomatenhälften ausgezeichnet dazu schmeckt. Die Abbildung dazu auf Seite 30 zeigt, wie wichtig es ist, Speisen auch für das Auge anzurichten.

Der Geburtstag einer Freundin kam mir sehr gelegen um die Hähnchenbrust auf Salat der Saison zuzubereiten. Ein Gericht das schon mehr Aufwand in der Vorbereitung erfordert, dafür aber im Endergebnis alle überzeugte. Hier hätte mir eine Zeitangabe sehr geholfen. Dennoch kam das Essen rechtzeitig auf den Tisch und ich bekam sehr viel Lob dafür. Die vorgestellten Rezepte sind größtenteils Neuschöpfungen oder Abwandlungen mit Ausnahme weniger Klassiker so etwa der Kalbstafelspitz. In allen Rezepten zeigt sich ihre Begeisterung. Bis zum letzten Handgriff. „Noch ein Blättchen Rauke als Dekoration – und der Südfrankreich-Genuss ist perfekt.“ 

Allen Rezepten vorangestellt ist ein Kommentar, der treffend bis witzig ist. So heißt es bei den Rotbarben mit Paprikasoße: „Ein bisschen aufwendig das Ganze, aber sie werden es lieben.“

0der das Kalte Melonesüppchen mit Gurke und Paprika findet sie „Besonders toll für heiße Tage – aber nicht ohne Kalorien“.

Die Zubereitung, die den Zutaten vorangestellt ist, wird ausführlich beschrieben. Es liest sich wie ein gesprochener Text, und wenn man dabei die Augen schließt, könnte man meinen, Lea Linster steht daneben. Manchmal vollführt sie kleine Sprünge in der Ablaufbeschreibung, da heißt es mitdenken. Aus manchen erkennt man, dass sie muttersprachlich französisch denkt. Für den Tomatensalat bspw. „enthäutet sie die Tomaten“ und für die Agnolotti mit Jakobsmuscheln lautet die Anleitung: „Zuerst verknete ich die Eier“. Das sind amüsante Umschreibungen wie überhaupt viel lustiger Küchenalltag in den Rezepten einfließt. So nennen den auf Seite 50 vorgestellten Gourmetsalat ihre „Jungs in der Küche heimlich den Franzosensalat“.

Resümierend kann ich feststellen, dass Lea Linsters Stärke in der Einfachheit liegt. Sie schafft es aus einfachen Zutaten etwas Besonderes zu machen. Dazu gehören für mich auch die raffinierten Pellkartoffel mit Rauke-Pesto. Das Besondere hier, in die gekochte und ausgehöhlte Kartoffel setzt sie ein Eigelb hinein. Nicht nur ein Eyecatcher, es schmeckt phantastisch.

Jetzt ist es aber an der Zeit, ihnen Lea Linster genauer vorzustellen.

Sie ist die erste und einzige Frau die den Wettbewerb um den Bocuse d‘Or gewonnen hat. Das ist die Weltmeisterschaft der Köche. In dem 4000 Seelen zählenden luxemburgischen Dorf Frisange, auf deutsch heißt es Friesingen, betreibt sie seit 33 Jahren ein Sternerestaurant. Aus Verlegenheit – wie sie in einem Interview bekannte – studierte sie zunächst zwei Jahre Jus, übernimmt aber nach dem Tod ihres Vaters dessen Gasthaus. Ein Segen für alle, die gutes Essen lieben, denn Kochen ist Linsters Berufung und Leidenschaft. Sie gewann im Laufe ihrer Kochkarriere unzählige Preise, schreibt für Magazine, tritt in Kochshows auf sowie Fernsehserien etwa der Lindenstraße oder Tatort und last but not least, verfasst sie Kochbücher. Meine vier Jahreszeiten ist ihr sechstes, das sie mit dem Frauenmagazin BRIGITTE realisiert hat.

Nicht nur Lea Linster prägt dieses schöne Kochbuch. Einen wesentlichen Anteil an ihm haben – um zwei hervorzuheben – die Foodfotografin Maryam Schindler sowie Almut Moritz die für Layout und Illustration zuständig ist. Kleine eingestreute Zeichnungen, die sich durch das ganze Buch ziehen, beleben vor allem die reinen Textseiten. Besonders eindrucksvoll aber sind die Fotos. Vielen Gerichten widmen die Macherinnen ein ganzseitiges Bild. Dabei versteht es die Fotografin das Wesentliche hervorzuheben und das Unwesentliche in die aufgehellte Unschärfe hinübergleiten zu lassen. Sündig sinnlich sticht das rote Fruchtfleisch der Feigen in der Feigentarte hervor, die Hähnchenbrust auf Salat der Saison lässt ein überdimensoniertes Urzeittier auferstehen. In sattem Grün präsentiert sich die Suppe von grünem Gemüse und Kräutern. Überflüssig sind die vielen ganzseitigen Portraits von Lea Linster, die kaum variieren und wahrscheinlich gute Laune verbreiten sollen. Diese Seiten hätten anders genutzt werden können. Zudem taucht sie immer wieder auch in den kleineren Abbildungen auf. Hübsch sind die kleinen Fotos, die Details hervorheben oder dekorativ Kochmomente ablichten. Inmitten dieser Collage von Fotos und Zeichnungen eingebettet sind persönliche Extratipps bspw. für knuspriges Brot oder Kartoffelpüree. Diese Seiten fügen sich sehr schön in das Gesamtwerk ein.

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