Marian Moschen, Mann backt

Die besten Rezepte des österreichischen Kultbloggers

Fotos von Marian Moschen
Tyrolia Verlag, Innsbruck, 2019, 208 Seiten, 24,95 Euro
ISBN 978-3-7022-3772-1
Vorgekostet

Heute reisen wir in das vorweihnachtliche TIROL.

Dafür begeben wir uns nach Zirl, nahe Innsbruck. Ein Ort, der im Mittelalter einiges Aufsehen erregte, weil sich Kaiser Maximilian bei der Gämsenjagd verstiegen hatte. Nach diesem Ereignis versank die Marktgemeinde wieder in den Dornröschenschlaf, bis vor wenigen Jahren Marian Moschen via Internet mit seinem Backblog einige Berühmtheit erlangte. Seine Jagdausflüge gehen nicht in den steilen Fels, nicht in die Martinswand. Nein, sein Jagdgebiet ist die Backstube. Seine Trophäen sind Torten, Kuchen, Whoopies, Muffins, Mehlspeisen und Brot. Eigentlich ist sein Brotberuf Kindergärtner, aber seine Leidenschaft gilt den süßen Dingen, die aus dem Ofen kommen. Mittlerweile hat Marian vier Backbücher geschrieben. Uns interessiert heute sein vorletztes Werk, Mann backt, das im Tyrolia Verlag herausgekommen ist. Im Vorwort lässt er uns wissen, welche Bedeutung für ihn selbst dieses Backbuch hat: Es ist ein Spiegel dessen, was ich in den ersten 33 Jahren meines Lebens gelernt und lieben gelernt habe. Es ist: Mann backt.

In acht Kapiteln werden 68 Rezepturen vorgestellt. Ein Schlemmerpfad, der uns von Wien bis nach New York führt. Der große österreichische Klassiker, die Sachertorte verlangt Disziplin beim Backen, ist immer wieder eine neue Herausforderung. Es ist kein Schokoladekuchen für Marian, sondern eine Obsession, der er verfallen ist. Dabei geht es ihm vor allem ums Backen einer einfachen, kompakten und fluffigen Sachertorte mit dem Ergebnis des vollendeten Genusses. Ein anspruchsvolles aber machbares Unterfangen, wenn man sich genau an Marians Anweisungen und Mengenangaben hält. Wer nun glaubt, dass in Mann backt auch das Rezept vom legendären Cheesecake zu finden ist, der in New York in Lindy’s Restaurant in den 1960-Jahren angeboten wurde, der irrt. Statt dessen gibt es eine mit Erdnuss, Karamell und Chocolate modifizierte Variante, die eine Herausforderung für alle Zuckerbäcker ist, aber eine, die sich lohnt. Das heißt, neben Klassikern gibt es auch Weiterentwicklungen wie bspw. die White Sacher, bei der die weiße gegen die dunkle Schokolade ausgetauscht und mit frischen Beeren dekoriert wird. Entstanden ist eine Kreuzung von Torte und Obstkuchen.

Die Liste der zuckersüßen Schmankerln ist lang. Jede und jeder wird hier fündig. Für mich war der Zwetschken-Mandel-Kuchen ohne Mehl solch ein glücklich-Macher an einem der kalten, nebligen Novembertage. Genuss pur wie auch die Linzer Torte, die American Cookies, der Topfenauflauf, das Joghurt-Sauerteig-Brot und die diversen Weihnachtsbäckereien. Aber hier weicht Moschen stark ab von den üblichen Weihnachtsbäckereien, wenn auch seine Glühweinschnitten, die Marzipan-Mohntorte und der Marzipan-Nuss-Stollen Kindheitserinnerungen wecken. Ich merke auch den Generationenunterschied, denn Marshmallows gab es in meiner Kindheit noch nicht. Meine Kinder, die keine Kinder mehr sind, freuen sich jedoch auf meine Ankündigung, dass es diese Weihnachten neben den Keksklassikern auch Neues zum Kosten gibt. Da kommt also eine Auswahl von Marshmallow Christmas Cookies, Nougat Cheesecake, Kokoskuppeln und Mandelsterne mit auf den Weihnachtsteller. Die Vorfreude ist groß.

Gebacken wurde immer. Gerne denken wir uns zurück in die eigene Kindheit, als die Oma oder die Mutter uns einen Geburtstagskuchen oder für einen anderen besonderen Anlass einen Kuchen buk. Die Küche war erfüllt von verführerischen Aromenschwaden und man konnte es kaum erwarten, den ersten Bissen von der Biskuitroulade zum Mund zu führen. Gebacken wird auch heute, mehr denn je. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass auch Männer diese Lust am Backen für sich entdeckt haben. Mit Mann backt reiht sich ein weiteres Backwerk in die vielen tausenden Backbücher ein. Darin werden neben Klassikern auch etliche Neu- bzw. Weiterentwicklungen des süßen Genres vorgestellt. Sehr gut gefallen hat mir die Pistazientorte, die erst im Anschnitt ihr wahres Gesicht zeigt. Dieses offeriert hellgrünen Pistazienbiskuit, der wie Gitterstäbe aus einer Puddingmasse heraus leuchtet. Ein Boden und ein Deckel aus Schokoladenbiskuit schotten das Pudding-Pistazien-Gemenge von der Außenwelt ab. Unwillkürlich frage ich mich, wie hat er das gemacht? Im Prinzip wie eine große Roulade, soviel sei verraten.

Überhaupt ist das Backbuch sehr farbintensiv. Auch ist das Layout sehr großzügig, m. E. aber übertrieben hinsichtlich der Bildformate. Es gibt keine Ausgewogenheit; allzu oft wird das Verhältnis von Objekt- zur Seitengröße gesprengt. Beispiele sind die aufgetürmten American Cookies, die White Sachertorte und anderes. Hier scheint XXL Methode zu sein, wie es das handfüllende Mandel-Muffin wohl am augenscheinlichsten demonstriert. Vielleicht ist Moschen zu sehr vom american way of giant baking infiziert, auf alle Fälle hat ihn der Backvirus fest im Griff. Interessant sind einige eingangs erwähnte Informationen zu Grundlagen und Backtipps sowie Material und Werkzeug. Kein Wort allerdings wird über Backformen als wichtiges Backutensil verloren, das ist schade.

All jene, die am Backen von Torten, Kuchen, Cookies, Cupcakes, Desserts und Cremen sowie einer Weihnachtsbäckerei der anderen Art Gefallen finden, bzw. ihre Erfüllung, werden von Mann backt begeistert sein. Vom Ergebnis der Backsessions profitieren junge und jung gebliebene ältere Semester, auch oder vor allem, weil Backen und Schlemmen glücklich macht. Also: Backe, backe Kuchen, Marian Moschen hat gerufen …