Miriam Mack, Kroatien

Meine Rezepte und Geschichten von der adriatischen Küste

Fotografien von Annamaria Zinnau, Anna Thoma und Hans-Jörg Haas

Hölker Verlag, Münster, 2024, 176 Seiten, 30.- Euro
ISBN 978-3-7567-1038-6
Vorgekostet

Heute reisen wir nach KROATIEN.

An die Sonne, ans Meer, zu kleinen schnuckligen Dörfern, die das Gefühl des Südens beschwören. Unsere Reiseleiterin ist Miriam Mack, die in Stuttgart aufwuchs, aber deren familiäre Wurzeln in Kroatien liegen. Und die gründen tief, denn nur so ist zu verstehen, dass Miriam die kroatische Kultur in die Welt hinaustragen will. Deshalb hat sie ein Kochbuch geschrieben. Kroatien. Das Kochbuch ist im Hölker Verlag erschienen. Da werden Rezepturen der adriatischen Küstenregion vorgestellt im Kontext von Sonne, Meer und alten Städten, sie spiegeln so das kulinarische Flair des Landes. Alles nahe an Wunschvorstellungen, wie man sich den idealen Mittelmeerurlaub vorstellt, mit Essen für die Seele, in dem auch kroatische Klassiker nicht fehlen dürfen.
Beim ersten Durchblättern fällt auf, dass die Autorin selbst immer wieder auf den Fotos zu sehen ist, ein integrierter Bestandteil des Kochbuchs. Ein wenig selbstverliebt und inszeniert präsentiert Miriam Mack krotische Kost – diese Art der Darbietung kann man mögen oder auch nicht. Für mich wäre weniger Miriam auf dem Laufsteg mehr. Allerdings muss ich zugeben, dass das Präsentieren von Essen dem einer Modekollektion nicht unähnlich ist.
Also noch einmal: Sonne & Meer, Stadtspaziergang, Essen für die Seele und kroatische Klassiker sind Aufhänger einer kulinarischen Erkundung und gleichzeitig die Kapitel des Kroatiens Kochbuchs. Hier wird alltägliche wie auch besondere Kost serviert, in zauberhafter Umgebung. Jedem Kapitel sind eigene Geschichten angehängt, die der kroatischen Esskultur geschuldet sind. Beginnend mit Kaffee und seinem gesellschaftlichen Stellenwert, stellt uns die Autorin einige Aromenspender und Lebensmittel vor, die Kroatinnen und Kroaten besonders schätzen. Da wird die Bedeutung des Meersalz’ herausgearbeitet, ebenso der Diamant des Landes präsentiert, eigentlich ein Pilz – die Trüffel. Neben diesen Gaumenfreuden werden auch kulturelle Errungenschaften vorgestellt, sei es Handwerk wie Spitzenklöppeln oder Bauernmärkte oder historische Stätten und Bauwerke. Es sind oberflächliche Begegnungen ohne Ansprüche auf Tiefgründiges, mehr Zeitschriftengeplänkel.
Und schon lacht die Sonne, allein beim Gedanken an das Frühstück am Strand mit Maisbrot und Hagebuttenkonfitüre oder Zitronenmarmelade. Aus Kukuruzni kruh hört man den Mais rausrieseln, denn das Brot besteht aus 2/3 Dinkel- und 1/3 Maismehl. Von Letzterem wie auch dem beigemengten Eigelb bekommt das Brot diese sonnige Farbe. Wer eher Herzhaftes bevorzugt, kann auf die Kiflice ausweichen. Diese mit Käse und Schinken gefüllten Hörnchen gehören zur Balkanküche wie die Croissants zur französischen. Entdeckt habe ich für mich Feigen mit Ziegenkäse, zwei Komponenten, die immer schon gut zusammenpassten, aber erst mit einer Spur Honig sich richtig entfalten. Dazu ein Glas Limonade vom selbstgemachten Salbeiblüten-Sirup – perfekt. Nachzutragen ist noch, dass sowohl Hagebuttenkonfitüre als auch Zitronenmarmelade selbst gemacht sind, das heißt, die Rezepte sind beigestellt. Allerdings ist die Zubereitung der Hagebuttenkonfitüre mit dem Sieb etwas mühsam. Mit der flotten Lotte lässt sich das viel leichter bewerkstelligen.
Sehr beliebt bei meinen Freunden ist Pita sa sirom. Die Nachfrage nach dem spiralförmig aufgerollten Käsestrudel ist groß, wie auch nach dem Rezept. Es sieht fast so aus, als ob diese Filoteigrolle süchtig macht. Alternativ kann man auch Spinat oder anderes Gemüse verwenden.
Nachdem wir ausgiebig Sonne & Meer genossen haben, ist ein Stadtspaziergang angesagt. Beim Kaffeehausbesuch dann die beiläufige Frage: Darf es etwas Süßes sein? Kaum entziehen kann man sich Miriams Verführungen, ob Grießstrudel mit Kirschen oder den Walnuss-Schnitten oder den traditionellen Nussstangen. Ich entscheide mich für die Walnuss. Walnüsse werden in Kroatien großflächig angebaut, sind in einigen süßen Gebäckstücken anzutreffen. Sechs Rezepte mit diesen Früchtchen habe ich bei Miriam gezählt. Keine Nuss, dafür eine Bohne lässt die Seele der Kroaten verzückt baumeln. Der Bohneneintopf rangiert in der Beliebtheitsskala für Essen an kalten Tagen ganz oben. Geräucherte Rippchen, Bauchspeck, Bohnen und ein paar Nudeln, dazu frisch gebackenes Maisbrot, fertig ist der Seelenwärmer. Aber wir wissen: Bohnen verursachen Blähungen. Empfindliche, allzu Empfindliche können ausweichen, etwa auf diverse Pasta-Gerichte oder Sarma, das sind mit Hackfleisch gefüllte Sauerkrautrouladen. Und dann sind immer noch die Klassiker da, die man vielleicht beim letzten Kroatienbesuch gegessen hat. Oder vielleicht auch nicht … Von der kroatischen Feuerpfanne über die Stockfisch-Pastete oder den Schwarzen Tintenfisch-Risotto, bis zum eher aufwändigen Rinderschmorbraten sollten alle hier ihre kulinarische Erfüllung finden, bzw. satt werden. Für besonders Hungrige oder eine größere Gästezahl empfiehlt sich der gebratene Truthahn mit Mlinci. Wobei die Mlinci eine kroatische Besonderheit sind, denn diese gebratenen Eiernudeln werden nur im Gebiet um Zagreb und Slawenien gerne zu Fleisch serviert.
Leicht getrübt wird der kroatische Sonnenschein, wenn bspw. von Istriens Farmen die Rede ist. Das sind kleine Höfe und die Farmen lassen wir im Wilden Westen. Zumal auch auf diesen istriensischen Höfen es vor allem Ziegen und kaum Kühe gibt. Ein Bissen von dem Ziegenkäse, dessen Aroma Spuren von Meersalz und Küstenwind verströmt, lässt mich die Farmen schnell vergessen. Nicht so schnell vergisst man den Geschmack vom Pršut, den im Borawind getrockneten Schinken. Der wird zusammen mit Pager Käse als Brotzeit serviert. Da schnuppert man gerne an dem selbstgbackenen Brot mit mediterranen Kräutern, das dann gleich Aromabrot heißt.
Kroatien. Das Kochbuch von Miriam Mack ist ein schön gestaltetes Kochbuch ohne Zweifel. Allerdings stellt die Autorin mehr das vordergründig Schöne in den Vordergrund. Hier wird Kroatien wie eine Modenschau oder ein Angebot im Reise-Katalog präsentiert, so mein Eindruck. Das ist natürlich legitim, nur wünschte ich mir mehr Insiderwissen über die Kulinarik Kroations zu erfahren. Auch sind manche Rezepttitel sehr umständlich formuliert, wie die Mit Zwetschgen gefüllte Knödel oder die Mohn- bzw. Nussstrudel, die zu Heferollen mit Walnuss- und Mohnfüllung mutieren. Das Rezept- wie auch das Zutatenregister am Buchende listet die Gerichte nur auf kroatisch, das heißt, jene, die der kroatischen Sprache nicht mächtig sind, müssen blättern. Ein Wermutstropfen, vorne, im Inhaltsverzeichnis, sind sie zweisprachig angeführt.
Das Kroatienkochbuch drückt vor allem Miriams Vorstellung einer familiär geprägten Heimatküche aus. Es ist eine Mischung von Wohlfühl- und Alltagsküche mit traditionellen Anklängen. Was man der Autorin nicht absprechen kann, ist ihre Lebensfreude, wie unzählige Bilder beweisen. Dass das kroatische Essen einen gewissen Anteil daran hat, ist die Sonnenseite, wie auch die Sonnenstunden in diesem Land die höchsten im Europavergleich sind.