Heute reisen wir in die vorweihnachtlichen BACKSTUBEN.
Denn, das Christfest naht mit Riesenschritten. In den Familien steigt die Spannung. Stichtag, mit dem Keksbacken zu beginnen, ist für viele der erste Dezember, der heuer auch der Erste Adventsonntag ist. An diesem Tag herrscht in vielen Küchen emsiges Treiben. Nudelbrett und Nudelwalker, Rührgerät, Schneebesen, Teigschaber, Spritzsack, Ausstechformen, Zutaten vom Ei über verschiedene Mehlsorten bis zu kandierten Früchten liegen parat; das Keks-Backen kann losgehen. Voll Spannung begeben sich Kinder und Erwachsene in vorfreudiger Erregung ans Werk. Hände in Mehl getaucht, Teige angerührt, der Ofen vorgeglüht. Ein lieblicher Duft erfüllt den Raum. So oder ähnlich spielt sich wohl in vielen Familien dieses vorweihnachtliche Ritual des Keksbackens ab.
Vom Mittelmeer bis zur Nordsee ist das Backfieber ausgebrochen. Da werden alte handschriftliche Familienrezepte, von der Großmutter an die Mutter an das Enkelkind weitergereicht, hervorgeholt und nachgebacken. ‚Plätzchen‘ oder ‚Kekse‘ ist hier nicht unbedingt die Frage, aber interessant zu wissen, ob es denn einen Unterschied gibt. Wenn wir vom weihnachtlichen Kleingebäck sprechen, nein. In Österreich und in Norddeutschland sagt man Kekse, im Restdeutschland Plätzchen. Mancherorts heißen sie Guetsle, bei den Franken Loible. Aber alle meinen dasselbe. Zimtsterne, Vanillekipferl, Spitzbuben und allerlei anderes Gebäck, das auf Weihnachtstellern angeboten, macht Weihnachten erst zu Weihnachten. Wer kann sich diesen kleinen Verführern entziehen? Niemand! Mit glückseligem Lächeln greift man zu, immer wieder, selbstvergessen und man wird nie satt davon.
Im Tre Torri Verlag ist nun wieder ein Plätzchen, Lebkuchen & Stollen Backbuch herausgekommen. Lilafarbenes Äußeres umhüllt eine Sammlung von Weihnachtsbäckerei mit 100 Rezepten.
Klassiker und neue Kreationen, wie es im Untertitel heißt. Eigentlich eine Neuauflage von Bernd Sieferts Weihnachtsbäckerei, die 2009 im selben Verlag erschienen ist. Nun wird mit Plätzchen im Titel allerdings der Begriff Weihnachtsbäckerei relativiert und lässt vermuten, dass die immer wieder aufflammende Diskussion, ob Vanillekipferln und Co. auch außerhalb der Weihnachtszeit angebracht sind, zugunsten des Ganzjahresangebots entschieden wird. Das muss jede und jeder selbst für sich entscheiden. Ich bleibe mir bei dieser Frage treu und backe und genieße Plätzchen versus Kekse ausschließlich zur Weihnachtszeit.
Aber nun zu Plätzchen, Lebkuchen & Stollen. Das Backbuch ist klassisch aufgebaut, ein Konzentrat von Rezepten mit schönen, ganzseitigen Abbildungen ohne erklärendes Beiwerk. In sieben Kapiteln werden Deutsche Klassiker, Internationales Weihnachtsgebäck, Neue Kreationen, Lebkuchen, Weihnachtsstollen, Kuchen, Torten, Desserts und andere Klassiker sowie Grundrezepte & Glasuren vorgestellt. Den Löwenanteil sichern sich die deutschen Klassiker, die mit Vanillekipferl, Zimtsterne, Anisplätzchen und vielen anderen unsere Vorstellung von Weihnachtsgebäck bestätigen. Und so komme ich zur eigentlichen Frage: Benötige ich noch ein Weihnachts-Backbuch, wenn ich doch die überlieferten Familien-Rezepte habe bzw. Backbücher, die die Klassiker enthalten? Ja, unbedingt ja, sage ich. Denn nichts ist schöner als Rezepturen zu vergleichen. Der Mürbeteig für Spitzbuben bspw. enthält 200 g weiche Butter, 100 g Zucker, ein Ei, 300 g Weizenmehl, Salz, Zitronenabrieb und Vanillemark. Ich verwende für Spitzbuben weniger Butter und Mehl, aber mehr Zucker sowie zwei Eidotter. Da will ich doch zu gerne erfahren, wie diese beiden Gebäcke im Vergleich wohl schmecken. Die neuen Zimtsterne enthalten ein Fünftel weniger Zucker, sind also gesünder und schmecken mir auch. Bekanntlich ist aber Geschmack individuell sehr verschieden, weshalb die hier beschriebenen Kostvergleiche diesbezüglich nicht bewertet werden. Vorweggenommen sei die Erfahrung, dass alle ausprobierten Gebäcke die dem Backbuch entstammen, ausgezeichnet schmecken.
Natürlich habe ich auch die Vanillekipferln gebacken. Da verwendete ich bisher vergleichsweise viel weniger Mandeln und Zucker, aber deutlich mehr Butter. Und vielleicht ist auch der hohe Butteranteil bei meinem Klassiker die Schuld, dass die Kipferln im Ofen zerronnen, nachdem ich den Teig etwas zu lange geknetet hatte. Solche backtechnischen Hinweise, d. h. Fachwissen hätte ich mir gelegentlich gewünscht. Hin und wieder werden aber gute Tipps eingeflochten. Allerdings den zu den Vanillekipferln verstand ich nicht. Da heißt es: Mürbeteig sollte immer kälter ausgebacken werden, da die Plätzchen sonst zäh werden. Deutsche Sprache schwere Sprache!
Auch die Linzer Augen mit Haselnüssen verglich ich mit meiner Rezeptur. Während ich dafür bisher 320 g Mehl verwandte, wird dies nun gesplittet in 120 g Weizenmehl und 230 g Keksbrösel. Auch sind die Mengenangaben im neuen Rezept bei den Haselnüssen, der weichen Butter und dem braunen Zucker um einiges geringer. Und die Variante mit gemahlenen Mandeln und weißem Rohrzucker werde ich demnächst ausprobieren. Übrigens sind die Linzer Augen im Kapitel Internationales Weihnachtsgebäck eingeordnet. Ist ja logisch, denk ich mir, ist es doch ein altes österreichisches Rezept. Nach welchen Kriterien die Rezepte in diesem Kapitel zusammengestellt wurden, ist nicht eindeutig nachvollziehbar. Hier hätten noch einige nationale Weihnachtsbäckereien Platz gehabt, wie die kampaninischen Struffoli oder der schwedische Weihnachtskaramell oder oder.
Interessant und eine internationale bunte Mischung enthält die Lebkuchenabteilung. Lebkuchenteig muss ja bekanntlich relativ lange ruhen, meist über Nacht. Hier finden sich aber welche, die nur zwei Stunden Standzeit haben wie die Pfeffernüsse und der Märchen-Lebkuchen. Allerdings benötigt der Teig für den Pulsnitzer Pfefferkuchen eine Reifezeit von drei Monaten; das ist schon heftig. Meine Erfahrung ist, dass je länger der Teig steht,
desto besser der Lebkuchen schmeckt. Also werde ich meinen Pulsnitzer Pfefferkuchen, der übrigens kein Gramm Pfeffer enthält, erst im Jänner backen und beurteilen können, ob sich das Warten gelohnt hat. Ähnlich bezüglich Zutaten mit nur zwei Tagen Rastzeit ist mein dänischer Lebkuchen, den ich jedes Jahr mache und auf den alle meine Freunde sich freuen. Bei uns gibt es kein Weihnachten ohne Lebkuchen und ich backe einige Bleche, dient er mir doch auch als Kraftriegel bei den Schitouren und beim Langlaufen.
Für mich ganz neu und eine spannende Erfahrung war der Bratapfelkuchen. Meine Kinder durften als Tester mitnaschen und forderten sofort ein zweites Bratapfelkuchen-Testessen bzw. als krönenden Abschluss zum Weihnachtsessen. Mit einer ganzen Palette verschiedenster Stollen und Klassikern weihnachtlicher Bäckerorgien, wie der Orangen-Baiser-Torte oder dem Weihnachtsscheit wird der Backwut ein vorläufiges Ende gesetzt. Zumindest in diesem Backbuch. Aber was wäre ein Backbuch ohne Grundrezepte und Glasuren? Nicht vorstellbar! Deshalb setzen Eiweißglasur und Co. den ultimativen Schlusspunkt.
Mit Plätzchen, Lebkuchen & Stollen hat der Tre Torri Verlag ein Weihnachtsbackbuch herausgebracht, das eine recht große Bandbreite an Rezepturen für das große Christfest bereit hält. Ob über den weihnachtlichen Rahmen hinaus das Backbuch zur Hand genommen wird, bleibt jedem selbst überlassen. Die Rezepturen sind knapp und gut nachvollziehbar beschrieben, mit klaren Rahmenbedingungen wie die zu erwartende Stückzahl, Stand- Back- und Zubereitungszeiten. Fast zu allen Rezepten gibt es ganzseitige Abbildungen. Es hätte dem Backbuch gut gestanden, bspw. die Kapitel mit ein wenig Fachwissen einzuleiten. Das fehlt. Aber nichts ist vollkommen.
Kein Weihnachten ohne Plätzchen, Lebkuchen & Stollen! Und so wünsche ich Ihnen viel Gebäck aus diesem Weihnachtsbackbuch. Auf meinem Keksteller liegen diese Weihnachten auch Schneeballen. Darauf freue ich mich jetzt schon.