Rosi Partl, Beatrix Rödlach, Genuss macht Schule

100 vielfach erprobte Rezepte

Mit Fotos von Kari Wilhelm

Tyrolia Verlag, Innsbruck - Wien, 2020, 160 Seiten, 19,95 Euro

ISBN 978-3-7022-3939-8
Vorgekostet

Heute bleiben wir in INNSBRUCK.

In Tirols Hauptstadt gibt es zwei ‚Knödelakademien‘, wie die Höheren Lehranstalten für Wirtschaftliche Berufe selbst von ihren Absolventinnen liebevoll bezeichnet werden. Ursprünglich waren sie dazu da, Mädchen auf ihr Hausfrauendasein vorzubereiten. Das hat sich komplett geändert, denn die Ausbildungsinhalte vermitteln Kenntnisse und Fertigkeiten, die es den Abgängerinnen ermöglichen, in anspruchsvollen Berufsfeldern von Wirtschaft, Verwaltung, Tourismus bis hin zu Ernährung und Lebensmitteltechnologie einzusteigen. Aber um dieses Wissen zu vermitteln, benötigt es auch Lehrkräfte, die für ihre Fächer brennen. Die begeistern können und ihren Stoff so überzeugend vortragen, dass der Funke überspringt, quasi die Auszubildenden die Inhalte in ihre Praxis übernehmen. Beatrix Rödlach und Rosi Partl, zwei Lehrerinnen für Ernährung an der HLWest Schule, scheinen dieses Potenzial zu besitzen. Ihr Kochbuch Genuss macht Schule ist dem Geist und der Erfahrung jahrzehntelangen Kochunterrichts entsprungen. Gemäß dem Motto: Genuss lässt sich lernen, stellen hier die Autorinnen ihre beliebtesten, köstlichsten und gelingsichersten Rezepte vor. Es ist ein Schul-Kochbuch der etwas anderen Art. Nicht nur weil fast jedes Gericht mit einem ansprechenden Foodfoto unterlegt ist. Vor allem wegen des spielerischen und gut gegliederten Layouts, das uns AnwenderInnen die Rezepte mit einem Blick erfassen lässt. Denn die Zutaten, die Anleitungen und Rahmenbedingungen wie auch ergänzende Tipps sind farblich und strukturell klar und übersichtlich angeordnet. Inhaltlich verpacken die Autorinnen ihre Kochanweisungen in sieben Kapiteln: Aufstriche & Brote, Salate & Kleine Gerichte, Suppen & Vorspeisen, Hauptspeisen & Beilagen, Rezept von Alexander Fankhauser, Desserts & Kuchen, Geschenke aus der Küche sowie Tipps & Tricks. Ein Ausreißer ist das Rezept von Alexander Fankhauser; der Tiroler Haubenkoch liefert mit Gebackene Bergkäseknödel auf Schaumweinkraut einen Gastbeitrag. Eine Ausnahme, auch weil er Vater einer Schülerin der HLWest ist und so der Schule zu ihrem 25-Jahr-Jubileum gratuliert.

Ansprechend ist der Einstieg. Auf einem Jausenbrett werden acht Aufstriche serviert, die sich nicht nur hinsichtlich der verwendeten Zutaten stark unterscheiden, sondern auch in ihrer Herkunft. Der Obazte verweist nach Bayern, der bunte Schafkäseaufstrich entführt mich in die ungarische Puszta und Hummus mit karamelisierten Balsamicozwiebeln lässt auf levantinische Koch-Wurzeln schließen. Mit dieser Vielfalt entstauben die Autorinnen traditionelles Schulkochen und bieten eine trendige, moderne Küche, die vor allem auch die Jugend begeistern kann. Der pikante Linsenaufstrich wurde selbst von meinem Enkel Jakob gemocht, aber es waren vor allem die Champignons, die er aus meinem und seinem Teller herausgepickt hat. Der zweite Teil des ersten Kapitels ist dem Brot gewidmet. Es sind einfache Rezepte ohne lange Teigführung mit einem breiten Sorten-Spektrum, die so gut wie alle Vorlieben bedienen. Beim Kartoffel-Walnuss-Brot stieß ich auf eine Zutat, die ich bis dato nicht kannte – zu meiner Schande muss ich gestehen – nämlich getrockneten Sauerteig. Und natürlich habe ich im Lebensmittelladen sofort danach gesucht und wurde fündig. Das Kartoffel-Walnuss-Brot wurde ein Hit und noch einige Male von meinen Liebsten geordert. Auch das Knäckebrot mit Sesam, Sonnenblumen- und Kürbiskernen ist nur zu empfehlen. Das Meersalzbaguette wie auch das Joghurtbrot aus dem Römertopf sind weitere Beispiele für den Ideenreichtum der Autorinnen. 

Es ist keine schnelle, aber eine abwechslungsreiche, dem modernen Ernährungsbewusstsein angepasste Küche. International gestreut sind die Rezepte mit Anlehnung an regionale Kost. Da gibt es beispielsweise ein Meeresfrüchtchen aus Tiroler Zucht, das auf einem Bett aus Schaumweinrisotto angerichtet ist. Die gebratene Alpengarnele auf Schaumweinrisotto vermittelt azuro-mare-Gefühle mit heimeligen Anklängen. Das gebackene Schweinskarree in der Kürbispanier mit Kartoffel-Vogerlsalat dagegen lässt neue Strömungen auf heimischen Tellern erkennen. Man merkt, dass die Schul-Köchinnen auf dem Laufenden sind, sich umschauen und verwerten, was die internationale Koch-Szene bietet. Das drückt sich auch in der Art, wie die Gerichte präsentiert werden, aus. Gelegentlich tauchen Begriffe der Küchensprache auf, die sie erklären hätten können, wie das Überkühlenlassen der gekochten, geschälten und gepressten, heißen Kartoffel. Auch hätten die zwei Seiten Tipps & Tricks in der Darstellung etwas umfangreicher ausfallen können. 

Sehr angetan bin ich von den auf vier Seiten zusammengefassten Beilagen, wo mit Walnuss-Grieß-Knödeln, Kartoffelbuchteln mit Pilzen und einigen anderen Rezepten sehr exquisite Schmankerln präsentiert werden, die durchaus auch für sich allein stehen können. 

Mit Genuss macht Schule haben Rosi Partl und Beatrix Rödlach ein Kochbuch geschrieben, das mit seinem bunten Mix meines Erachtens vor allem jüngere Kochambitionierte ansprechen kann und wird. Zwar sind die Hauptgerichte eher fleischlastig, was vielleicht mit dem Schultyp und seinem Klientel zu tun hat, aber es finden sich noch genügend fischorientierte wie auch vegetarische Speisen darin. Mit dem Genuss-Anspruch beleuchten die Autorinnen das Spannungsfeld zwischen Lust, Appetit, Hunger und Sättigung. Das Ergebnis sind gaumenfreudige Rezepte, die eines garantieren: die gekochte Ausbeute entspannt zu genießen.