Susanne Dasch, Susis Gugelhupfwelt

200 kreative Gugelhupf-Rezepte

Illustrationen von Sarah Luger
Fotografie von Nadja Hudovernik
edition v, Bregenz, 2023, 260 Seiten, 34.-- Euro
ISBN 978-3-903240-48-3
Vorgekostet

Heute fahren wir ins LÄNDLE.

Weil Sonntag ist und wir auf der Suche sind nach dem, was den Sonntag erst zu einem Sonntag macht. Richtig, der Gugelhupf ist’s. Und das runde G’sicht, das immer lacht – nein, nicht der Gugelhupf, sondern die Susi ist. Susi Dasch ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für ihre Gugelhupf-Rezepte, die sie digital ins Weltennetz stellte und immer noch stellt. Jetzt hat sie eine Auswahl getroffen und 200 Rezepturen zu Papier gebracht. Erschienen sind diese Sonntagsbäckereien im Verlag edition v als Susis Gugelhupfwelt. Keine Science Fiction.

Die Erinnerungen an den Sonntags-Gugelhupf reichen bei Susi weit zurück bis in die früheste Kindheit. Irgendwann wurde aus der familiären Gewohnheit des samstäglichen Vorbackens mehr. Und alle halfen mit bei der Perfektionierung oder besser Anhäufung an Gugelhupf-Rezepten. Die Mutter überraschte mit immer neuen Kreationen, der Vater sammelte nicht wie andere Väter Briefmarken, sondern Gugelhupf-Macharten und selbst Freunde und Verwandte konnten sich dem nicht entziehen und bringen Susi heute noch, ja, Gugelhupf-Rezepte, die, sie was weiß ich wo, aufschnappten.

Susis Gugelhupfwelt unterteilt die Autorin in neun Kapitel. In einem letzten zehnten erfahren wir allerlei Gugelhupf-Wissen, was nicht ganz unwichtig ist, aber davon später.

Es beginnt also ganz harmlos mit Grundrezepten. Fünf Teige, die sich gar nicht mal so großartig voneinander unterscheiden. Eier, Zucker und Triacylglycerine, also Fett, werden zusammengebracht und nur die Reihenfolge unterscheidet sie voneinander, weil dadurch unterschiedliche Konsistenzen entstehen. Der Biskuit-Gugelhupf ist dann nochmals ein Ausreißer, da die Eier getrennt werden und der untergehobene Schnee das Backwerk erst fluffig macht. Als Triebmittel wird meist Backpulver verwendet.

Die weiteren Hauptkapitel sind den inhaltlichen Zuständen der Gugelhupfe zugeordnet, das heißt, süß, fruchtig, gefüllt und weihnachtlich. Aber auch Gugelhupfe mit dem besonderen Schuss, gemeint sind Brände. Dann Gugelhupfe, die in anderen Bundesländern beliebt sind, und Gugelhupfe, die ohne den Backvorgang auskommen. Zuguterletzt wird die Spezies der Pikanten vorgestellt, eine Besonderheit.

Wenn man hineinblättert durch die erste, süße Abordnung, dann stehen Mandeln, Paradiescreme, After-Eight, Anis, Espresso-Karamell, Nougat und andere Zutaten zur Disposition und wir Protagonisten vor der Qual der Wahl, uns entscheiden zu müssen. Da entdeckt man schnell Rezepte, die unsere ureigenen Gelüste bedienen. Ich persönlich kann mich nur schwer den fruchtigen Gugelhupfen entziehen, vor allem zur Erntezeit. Aber es lassen sich auch konservierte Früchte gut zu saftigen Gugelhupfen verarbeiten und das ohne jahreszeitliche Einschränkung. Eine Entdeckung war der saftige Apfelmus-Gugelhupf, den ich sofort nachbuk und meinen Chorfreunden am selben Tag servierte. Natürlich war zu wenig da und mir das Versprechen abgerungen, zum nächsten Singen wieder Gugelhupf zu bringen.

Es ist erstaunlich, wie viel unterschiedliche Rezepturen Susi Dasch in ihrem Backbuch versammelt hat. Wundert uns das? Gugelhupf ist seit den Römern bekannt oder noch früher. Jedenfalls leitet sich der Name vom lateinischen ‚cuculla‘, was gugele bzw. Kapuze bedeutet und der hopf steht für Hefe, wie auch für das im Nacken zusammengebundene Kopftuch der Bäuerinnen. So können wir es nachlesen im Historischen Lexikon Wien von Felix Czeike. Und mit Wien verbinden wir auch in erster Linie den Gugelhupf, nur heute nicht, da bleiben wir im Ländle. Der Apfel-Gugelhupf mit Ahornsirup passt da gut hinein, wurden doch versteinerte Äpfel bei den Pfahlbauten rund um den Bodensee gefunden und heute ist der Ländle-Talboden geprägt von Apfel- und Birnbäumen auf Streuobstwiesen und Obstanlagen. Susi ist allerdings sehr offen bei der Verwertung für Obst im Gugelhupf in diesem zweiten Kapitel. Und dementsprechend dominieren zu den Erntezeiten das Obst in den Gugelhupfen, das frisch vom Strauch oder Baum geerntet wurde. Erd-, Him- und andere -beeren, Kirschen, Ribisel, Marillen bis zu den Zwetschken finden sich eingebettet im Teig und machen den Gugelhupf so richtig aromatisch und saftig. Lustig wird es dann mit den gefüllten Gugelhupfen. Denn da verbirgt sich manch überrraschende Leckerlis, auf die man ganz unverhofft stößt. Zum Beispiel auf Schneebälle. Das sind mit Mascarpone, Staubzucker und Kokosflocken verrührte kleine Bälle, eine Art Kokon, die im Backwerk versenkt werden. Den Schneeball-Gugelhupf musste ich auch ausprobieren und wurde nicht enttäuscht. 

Das Weihnachts-Gugelhupfe-Kapitel ist dominiert von individuellen Vorstellungen und praktischem Arrangement. Ist für die einen der Zimt-Marmor-Gugelhupf das abschließende Weihnachtsdessert, so schwören die anderen auf den Lebkuchen-Gugelhupf. Und mit dem Ausklingen der Festtage, wenn es ums Aufräumen geht und nicht wissen, wohin mit den übrig geblieben Keksen, dann bietet sich der Keksreste-Gugelhupf an. Das ist der Reißwolf, der jegliche Art von Keksen, ob einfach, glaciert oder gefüllt, einer neuen kulinarischen Bestimmung zuführt. Ein Kuchen, der sehr interessante Geschmacksnoten  birgt. Und was ist mit den übrig gebliebenen, ausgetrockneten Gugelhupfteilen, frage ich mich. Da wäre doch auch ein Hinweis oder Rezept angebracht, wie man diese Reste verwerten kann. Bspw. für ein Tiramisu. Naja, das ist eine andere Backstelle.

Lustig wird es in der Abteilung der Gugelhupfe mit dem besonderen Schuss. Hier kommt die Volksdroge Alkohol ins Spiel. Vom Eierlikör bis zum Kirsch und Rum, alles Berauschende wird eingerührt in den Teig. Einzig einige Duftnoten liefern einen Hinweis noch auf das besondere Elexir im Backwerk. Meiner Mutter hätte ich gerne einen Eierlikör-Gugelhupf  gebacken, sie liebte dieses leicht berauschende Getränk in Maßen.

Neugierig wurde ich auf die Bundesländer Gugelhupfe, weil ich mir nicht wirklich darunter etwas vorstellen konnte. Und so stößt man hier auf den Linzer-Gugelhupf, den Salzburger Gugelhupf  oder Waidhofner Gugelhupf, ohne wirklich zu erfahren, warum der Linzer Linzer heißt und der Salzburger Salzburger usw. Aber wahrscheinlich ist das nicht so wichtig und wir haben einfach eine Zuordnung wie etwa für Altwien den Patzerlgugelhupf  oder den Kernöl-Gugelhupf  für die Steiermark.

Frostig geht es dann im Kapitel Gugelhupfe ohne Backen zu. Eine kleine Auswahl von eisigem Vergnügen bieten diese meist fruchtigen Gugelhupfe, die für mehrere Stunden in den Gefrierschrank verschwinden, bevor sie Jung und Alt begeistern.

Spannend und sehr abwechslungsreich ist das Reich der pikanten Gugelhupfe. Sie sind alles, nur nicht süß. Deftig trifft es wohl am besten und meist erst beim Anschneiden erkennen die Gäste, dass das kein normaler Gugelhupf ist. Egal ob Champignon mit Reis, quasi ein Risotto in Gugelhupfform oder ein mit Speck verkleideter Lungenbraten auf den Tisch kommt. Hier schränkt nur mangelnde Fantasie die grenzenlosen Welten der Gugelhupfe ein. Gerne nehmen wir im Westen hier Anleihen aus dem Osten auf, und servieren die Suppe mit kleinen Altwiener Schöberl-Gugelhupfen. Als meine Enkel vom Bratwurst-Gugelhupf  erfuhren, musste ich ihnen versprechen, einen solchen zu backen. Noch bin ich noch nicht dazugekommen, aber voll gespannt, wie die Würstel, von altbackenem Laugengebäck umhüllt, schmecken werden.

Susis Gugelhupfwelt bietet einen umfangreichen Fundus an Rezepten dieses universellen Topfkuchens mit der besonderen Form. Denn das Backwerk mit dem Kamin oder Loch in der Mitte überrascht ob der Vielfalt an Möglichkeiten. Und meist geben sie erst beim Anschneiden ihr Innenleben preis. Susis Gugelhupfwelt kommt mit wenig Fotos aus. Das genügt völlig, zumal viele eingestreute Illustrationen die Textseiten auflockern. Am Ende verrät die Autorin Tipps und Tricks, die vom Ausstauben der Form bis zum Zitronenabrieb reichen. Etwas ausführlicher hätte der Zutatenersatz ausfallen können, dafür finde ich die Auflistung an Mehlsorten sehr gut und informativ trotz tabellarischer Kürze. Kein Wort verliert die Autorin über die Backformen und nur gelegentlich lässt sie ihr umfangreiches praktisches Wissen in den Rezepten einfließen, Infos die dann sehr aufschlussreich sind. So gibt sie bspw. die Temperaturen und Backzeiten für alle Gugelhupfe, sowohl für Dampfbacköfen als auch normale Öfen mit Ober- und Unterhitze an.

Susi Daschs Rezepte liefern für jeden erdenklichen Anlass den passenden Gugelhupf. Und so wird erst mit Susis Gugelhupfwelt der Sonntag zum perfekten Sonntag.