Tobi Stegmann, Rock’n’Soul Kitchen

Mit Fotografien von Thosten Südfels
ZS Verlag, München, 2017, 176 Seiten, 22.90 Euro
ISBN 978-3-89883-637-1
Vorgekostet

Heute reisen wir nach NIEDERBAYERN.

Ins Kreis-Städtchen Landshut mit seinen knapp 70.000 Einwohnern. Nicht zu einem Eishockeyspiel der EV-Landshut, obwohl wir ihn dort treffen könnten. Denn, Tobias Stegmann, den wir aufsuchen wollen, ist dort oft gesehen worden. Aber nein, wir gehen doch besser ins neue Denkma(h)l, dem ehemaligen Börsencafe. Dort sollte er in der Küche stehen. Seit April ist er der Besitzer dieses Lokals. Und dort setzt er um, womit er bekannt geworden ist. Improvisationsküch orientieren, was er wohl von seiner Mama hat. Sie hat sich auch immer danach gehalten, mit dem zu kochen, was es eben am Markt gerade gibt.

Viele dieser Gerichte sind zu seinen Leibspeisen geworden. Speisen ohne viel Schnickschnack und unkompliziert. Diese kocht er nicht nur für seine Frau und seine zwei Kinder, auch Freunde kommen in den Genuss und viele Kochbuchfans, die sich Rock‘n‘ Soul Kitchen aus dem ZS Verlag angeschafft haben.

Stegmanns Slogan: Kochen ist wie Musik. Manchmal muss es einfach rocken. Und so gibt es in diesem Kochbuch neben Rezepten auch einige Song-Tipps von bekannten und weniger bekannten Rockgruppen. Die manchmal auch eine gewisse Affinität zum Kochmetier haben, wenn es bspw. in Lullaby von The Cure heißt: … And the Spiderman is always hungry.

Wir erfahren in der Einleitung, dass es Stegmann ähnlich den Rockmusikern ergeht, wenn er aus den Grundzutaten bekannter Klassiker zwei moderne Varianten komponiert: ein Freestyle-Menü für den normalen Alltag und ein On-Stage-Menü für den besonderen Anlass. Oder wie Tobi es formuliert – kreativ und raffiniert, aber trotzdem easy zu kochen, eben: Keep on rocking!

In vier Kapiteln werden für jede Jahreszeit drei Menüvorschläge kreiert. Und weil Rockmusiker vorwiegend englisch rocken, sind die Menütitel auch englisch. Im Frühling heißt es „Spring is in the air“, im Sommer bspw. „Sunshine reggae“, der Herbst ist ein „Wild thing“ und der Winter könnte frohlocken mit „Merry Xmas everybody“. Trotz der Anglizismen ist Stegmann aber sehr bodenständig. Bis auf seine Vorliebe fürs Italienische, aber das kann auch unter bodenständig laufen, denn gelernt hat er in Bayern bei einem Italiener. Bodenständig heißt, er bevorzugt lokale und saisonale Qualitätsprodukte. Spargel, Erdäpfel, Linsen, Speck, Spinat, Kürbis, Steinpilze usw.. All seine in der Küche verwendeten Zutaten bekommt er in der Regel von Direktanbietern ohne Zwischenhandel. Natürlich gibt es auch da Ausnahmen wie Zitronen oder Schokolade. Aber den Pastateig macht er selbst, wie er vielleicht auch den Bärlauch selber pflückt. Das ist jedoch eher eine Vermutung von mir – zutrauen würde ich es ihm. Im Vorwort bringt er es wie folgt auf den Punkt: Die Seele meiner Küche sind die frischen Zutaten aus der Region. Ich koche nur mit Lebensmitteln, die gerade reif sind und voller Aromen. Da braucht‘s kein großes Drumrum mehr. Da entsteht fast wie von selbst etwas Leckeres daraus! Sympathisch, kann ich nur sagen.

Also pack ma‘s. Ausprobiert habe ich das Spargelragout mit Speckchips und pochiertem Ei. Gefreut hat mich, dass mir die pochierten Eier gut gelungen sind, aber auch das Essen, das hervorragend mundete. Den Flamkuchen habe ich nicht mit den vorgeschlagenen Bratwürsten belegt, sondern mit Salami, aber das kann jeder, jede selber entscheiden, was er, sie drauflegt. Wichtig ist, dass der Teig richtig kross gebacken wird – und das war er dann auch. Ein einfaches, bekanntes und schnell umgesetztes Rezept, auf das man leider immer wieder vergißt, wenn man nicht gerade im Elsass weilt oder wie in diesem Fall via Stegmann drauf gestoßen wird. Gut gefallen und natürlich auch geschmeckt hat mir Ofen-Frikassee mit Spargel und Champignons. East meets west und das in eleganter Form und nicht nur farblich aufgepeppt mit den grünen Erbsen. Aber auch diese Kreation ist bekannt. Nur Stegmann will ja nicht unbedingt neue Rezepturen erfinden. Kleine Änderungen und Ergänzungen bewirken schon viel. So hat mir das Gericht Maishähnchenbrust mit Morcheln und Spargel auf Erbsenrisotto wegen seiner eleganten Schlichtheit einige Anerkennung abverlangt. Als Fan von Risotti ist es für mich immer spannend zu sehen, wie andere Risotto kochen, und natürlich lerne auch ich dabei. Das Rezept stelle ich Ihnen am Ende vor.

Eine neue Erfahrung waren für mich die Röstbrote mit Ofenmöhren und Orangencreme. Eine Vorspeise, die mir ohne Ingwer besser schmeckte und die ich noch öfter machen werde.

Natürlich kam ich um die Kaspressknödel mit Zwiebelschmelze und Schnittlauch nicht herum. Stegmanns Rezeptur weicht nur minimal ab von der, wie ich sie mache, aber neu war, dass ich beim Kochen Lullaby von The Cure abspielte. Spätestens als der Sänger „Und der Spinnenmann hat ständig Hunger … „ intonierte, waren sie gar und am Teller angerichtet. Es stimmt, Musik stimuliert und Kochen wird dann zum Rock.

Rock‘n‘ Soul Kitchen ist schön gemacht, ausdrucksstark in schwarz/weiß designt mit vielen farbigen Aufhellungen. Die Rezepte sind meist einfach und relativ schnell umzusetzen. Man kann mit den bekannten als auch weniger bekannten Klassikern Alt und Jung begeistern, wie ich auch meinen 33-jährigen Sohn Benjamin mit Milchreis-Arancini mit Zimtsoße begeistern konnte.

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