Heute reisen wir nach THAILAND.
Die thailändische Küche gilt als eine der besten der Welt – das ist mittlerweile ein Standardsatz. Festgemeißelt in vielen Köpfen der Köchinnen und Köche – und es stimmt -, ist aber gerade deswegen diese Länderküche immer wieder im Visier der Kochbuchautoren, die versuchen daraus Neues zu schöpfen. So auch Tom Kime. Der Engländer hat bereits mehrere Kochbücher geschrieben, von denen besonders ‚sweet + spicy‘ herausstach, in welchem er sich der Aromaküche Südostasiens widmete. In seinem neuesten Werk fokussieren sich seine Interessen nun auf Thailand. Einfach Thai! ist bei Knesebeck herausgekommen und stellt eine Art Betriebsanleitung dar, die einer Spur Buddhismus nicht entbehrt, nämlich: Der entspannte Weg zu Tom Kha Gai, Pad Thai & Co, wie es im Untertitel heißt.
In der kurzen Einleitung erfährt man, worum es dann wirklich geht. „Entscheidend ist, die verschiedenen Geschmacksrichtungen ins Gleichgewicht zu bringen“, wofür letztlich die thailändische Küche auch steht. „Rot Chart“ ist das entscheidende Schlagwort, als Ausdruck für harmonischen, richtigen Geschmack. Dazu braucht es eben die richtigen Zutaten, die die Thai Küche nun mal bietet. Das sind vor allem die scharfen wie Pfeffer, Ingwer, Galgant, Kurkuma und noch ein paar mehr sowie ihre Gegenspieler, die Süße verkörpernden Palmzucker, Honig, Kokosraspeln und Mango, um einige zu nennen. Der Geschmacksleitfaden wird erst vollständig mit jenen Lebensmitteln, die noch salzige und saure Elemente enthalten. Diese einzelnen Geschmacksfacetten sollten in jedem Gericht und bei jedem Bissen in Gleichgewicht stehen. Und damit das auch wirklich geschehen kann, gilt es, laut Meister Kime, das Gericht während des Kochens immer wieder abzuschmecken. So funktioniert die Thai-Küche! Na ja, ganz so einfach ist es auch wiederum nicht. Auf „thailändische Art zu kochen steht im Widerspruch zum modernen Leben“, behauptet David Thompson und meint damit, dass sie „keine Küche der Schnellgerichte ist, die mit einem Messerschnipsen vorbereitet und mit einem Pfannenrütteln abgeschlossen werden“. Das könnte allzu leicht aus Kimes Vorgabe des entspannten Weges zu Tom Kha Gai & Co, abgeleitet werden.
Thailändisch kochen erfordert Aufmerksamkeit und Zeit. Wer das investieren will, ist auf dem richtigen Thai-Koch-Weg und mit Einfach Thai! als Einstieg gut beraten.
Eine Landkarte verschafft einen ersten plakativen Überblick über die Thai-Küche, dazu gibt es 12 Hot Spots kulinarischer Erlebnisse, die uns praktisch hineinziehen ins Kochgeschehen. Aber es sind noch ein paar Seiten zu überwinden, ehe man zu den ersten Rezepten vorstößt. Es geht zunächst um Ingredienzien, Nüsse & Samen, die wichtigsten Gewürze, flüssige Zutaten und Kräuter.
Ihnen widmet Tom Kime kurze Absätze und das sollte genügen, wenn auch manches wie bspw. die Sojasaucen einen Tic mehr an Erklärung vertragen würden.
Der Autor beginnt mit Kleinen Happen & Fingerfood. Das ist Streetfood, also das prägnanteste und populärste Essen Thailands. Und weil er mit Frühlingsrollen beginnt, können wir daraus ableiten, dass Asien schon lange ein globales Dorf ist, wie eben die unzähligen gerollten Spezialitäten es beweisen. In gezeichneten Arbeitsschritten wird vorgemacht, wie zu rollen ist. Aber es finden sich weitere „trottelsichere“ Anleitungen, lose eingestreut im Buch, die das so wunderbar auflockern. Mit der Zubereitung von Frühlingsrollen oder von Thai-Fischfrikadellen sowie mit dem Schneiden von Ingwer, von Kaffirlimettenblättern und Chilischote sollte also nichts mehr schief laufen.
Die weiteren Kapitel sind klassisch aufgebaut, sie reichen vom Salat über Fleisch, Fisch, Currys und Suppen bis zu den Desserts. Den Abschluss bilden Grundrezepte, dem noch Menüvorschläge folgen und ein ausführliches Register.
Schmückendes Beiwerk sind die kleinen Zeichnungen – vom Blattwerk bis zu nang phläng, einer Pfeil abschießenden Schattenspielfigur – die die Seiten zieren. Warum die Namen der Gerichte eingedeutscht wurden, bzw. warum nicht die original thailändischen Bezeichnungen beibehalten bzw. zusätzlich angeführt wurden, verstehe ich nicht. So klingen die Gerichte wie Pidgin-Thai oder ums verständlicher zu machen, worum es mir geht: wie die italienisierten Südtiroler Ortsbezeichnungen. Ein wenig komisch, wenn thom plötzlich ohne h geschrieben und dem khaa das zweite a genommen wird. Und die Tom Kha Gai müsste richtigerweise Hühnersuppe mit Galgant heißen, denn auf das Gewürz Galgant, und hier wiederum dem Thai-Ingwer, bezieht sich gai. Aber das sind Details, die sich nur beim Besuch dieses asiatischen Landes auswirken würden, z. Bsp., wenn Sie eines dieser vorgestellten Gerichte vor Ort bestellen und es kommt was gänzlich anderes, als Sie sich erwartet haben.
Als erstes nachgekocht habe ich die Kürbiscremesuppe. In den Mengen, von mir leicht variiert, war der große Topf innerhalb kürzester Zeit geleert. Schade -, d.h., gut, dass es allen so geschmeckt hat -, denn ich wollte mir davon noch etwa einfrieren.
Eine wunderbare Idee sind die pikanten Garnelenfrikadellen auf Zitronengrasstängeln.
Üblicherweise bekommt man sie in den Garküchen auf Zuckerrohrstängel. Die sind in Europa nirgendwo erhältlich, höchstens in London, wo es eine große Thai-Community gibt. Jedenfalls ist Zitronengras eine gute Alternative für den Frikadellenlolli, und Garküchen-sei-Dank, innerhalb einer Viertelstunde zuzubereiten. Praktisch sah das so aus: Jung und Alt schmatzten gemeinsam um die Wette, wobei ich eindeutig als Verlierer hervorging, denn ich kam mit der Produktion nicht mehr nach.
Aus dem Fisch-Kapitel versuchte ich den Kabeljau aus dem Wok. Hier verschmelzen gleich drei Länderküchen zu einem vorzüglichen Mahl. Der Kabeljau, der Portugiesen liebste Speise, vermählt sich mit den Gewürzen der Thais im chinesischen Wok. Und wiederum, dieses einfache Gericht ist in gut zwanzig Minuten zubereitet. Ingwer, Koriander, Zimt und andere entfachen ein kleines Gaumenfeuerwerk, aber auch, weil roter Chili dabei ist.
Thailand, wie auch Indien, ist bekannt für Currygerichte. Da musste ich Gaeng-Gari-Curry mit gebratenem Hühnerfleisch ausprobieren, auch deswegen, weil es leicht mit einem Butternut-Kürbis in ein vegetarisches Gericht zu verwandeln ist. Selten habe ich Vegetarier und ‚Fleischfresser’ – ist natürlich liebevoll gemeint – so friedlich nebeneinander sitzen gesehen. Sollte ich einmal zwischen zwei Streithälsen schlichtend eingreifen müssen, dann werde ich dieses friedensstiftende Essen einsetzen. Damit Sie die selben Chancen bekommen, erfahren Sie auch das Rezept.
Viel Genuss versprechen auch die angebotenen Desserts und Getränke in diesem Thai-Buch. Aber das müssen Sie nun selbst herausfinden, was Ihnen am besten schmeckt.
Der Autor und Koch Tom Kime hat mit Einfach Thai! ein schönes, rundes Länderkochbuch über die südostasiatische Küche vorgelegt. Vielfältig in der Rezeptauswahl, sind es überwiegend einfache Gerichte, die vorgestellt werden. Der besondere Pluspunkt liegt aber im Zeitaufwand, denn für thailändische Küchenverhältnisse sind hier eher schnelle Garküchen-Gerichte versammelt. Sehr schön gestaltet, mit Liebe zu Details, wie die erwähnten Zeichnungen; dazu kommt noch ein besonderer Reiz der Fotografien von Lisa Linder. Sie versteht es nicht nur, die Gerichte als genussvolle Schwelgerei zu inszenieren, sie lässt auch ein schönes Mädchen, das wir ein einziges Mal ganzseitig sehen, immer wieder in unterschiedlichen, perspektivischen Ausschnitten – verführerisch – etwas darbringen. Einfach Thai! ist ein wunderbarer Beginn für all jene, die sich mit der Thai-Küche näher beschäftigen wollen. Und sie birgt auch kleine Überraschungen, selbst für Thai-Kenner.