Yvette van Boven, HOME MADE. SOMMER

Fotos von Oof Verschuren
Aus dem Holländischen übersetzt von Linda M. Schulhof
DuMont Verlag, Köln, 2013, 256 Seiten, mit Lesebändchen, 32.90 Euro
ISBN 978-3-8321-9468-0
Vorgekostet

Heute reisen wir in den SOMMER.

Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.

Ob Yvette van Boven an Erich Kästners Junigedicht dachte, als sie sich an den Schreibtisch setzte und anfing, die ersten Zeilen zu Home Made SOMMER zu schreiben? Ich weiß es nicht. Jedenfalls blickt sie im Vorwort zurück – nicht auf die Monate – nein, auf ihre bisher veröffentlichten Bücher, die mittlerweile mehrere Sprachen sprechen. Stolz ist sie wie eine Mutter auf ihre Kinder. Nun ist der Sommer angebrochen und den lässt sie – und wir mit ihr – etwas ruhiger angehen.

Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.
Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.

Viel Kocherfahrung steckt in Home Made SOMMER, und es handelt mehr oder weniger von Yvettes Leben in Amsterdam, in Paris und vor allem von den Sommern, die sie und ihre Familie in der Provence verbringen.

Es wird und war. Es war und wird.
Aus Kälbern werden Rinder
und, weil‘s zur Jahreszeit gehört,
aus Küssen kleine Kinder.
Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ist‘s bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.

Aus Kälbern werden Rinder
und, weil‘s zur Jahreszeit gehört, aus Küssen kleine Kinder.
Die Vögel füttern ihre Brut und singen nur noch selten.
So ist‘s bestellt in unsrer Welt, der besten aller Welten.

So ist jedenfalls der Sommer, leicht und luftig, verführerisches dolce vita. Und so ist auch das Inhaltsverzeichnis angelegt: Beginnend mit frühstück brunch und kleine mahlzeiten, die von kuchen abgelöst werden. Der Hitze zu trotzen bedarf es erfrischender Flüssigkeiten, die im 3. Kapitel eben drinks, in verschwenderischer Vielzahl angeboten werden. Diesen folgen snacks und vorspeisen, welche von den hauptgerichten abgelöst werden. Am Ende aber behaupten sich desserts, die mit einigen Überraschungen aufwarten.

Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.
Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.

Lassen wir ihn also beginnen, den Sommer, mit Smothies und Shakes. Etwa den avocadogurken limetten-shake, den ich meinem Sohn – ein Junikind – zum Geburtstag servierte. Ein erfrischendes Getränk, das uns die sommerliche Hitze leichter aushalten lässt. Zusammen mit Strawberry shortcakes. So was von super gut!, wie sich der Jubilar ausließ -, ließ sich die Feier gut an. Und weil Yvettes Home Made SOMMER-Kochbuch einige interessante Gerichte enthält, die abseits des Mainstreams sind, fanden sich noch mehr Köstlichkeiten auf der Geburtstagstafel. Als kleine Appettithäppchen waren zweierlei fougasse gedacht. Die fruchtige Variante fougasse provencale mit Orange wie auch das deftigere Gegenstück dazu, fougasse mit speck und oliven, waren so schnell weg, wie sie aufgetragen waren. Vorgesehen waren in weiterer Folge zwei Tartes. Eine möhrentarte mit apfel und ziegenkäse und eine grüner-spargel-tarte, die aber ins Wasser fielen, weil ich sie nicht mit Fertig-Blätterteig machen wollte wie im Rezept vorgesehen. Also griff ich auf ein anderes Rezept zurück, das dann die Herzen aller anwesenden Vegetarier höher schlagen ließ. Ein aufgerolltes spinatomelett, gefüllt mit ziegenkäse und getrockneten tomaten in größeren Mengen herzustellen ist gar nicht so leicht. Zudem fiel mir das erste Spinatomelett beim Umdrehen aus der Hand und auf den Boden, brachte mich also ganz gehörig ins Schwitzen. Aber es ging alles gut und die Nachfrage nach dem Rezept war groß. Die Fülle besteht aus einem Mix von Frischkäse, Ziegenfrischkäse, Kräutern und Quark, welcher auf gut österreichisch Topfen heißt. Yvette bietet auch an, den Topfen, selber herzustellen. Wer sich darauf einlässt ist um eine interessante Erfahrung reicher, nämlich, dass Milch sich sehr leicht in einen anderen Aggregatszustand überführen lässt. Dazu kommt, dass dieses Experiment spielerisch Kochwissen vermittelt; was überhaupt eine der Stärken Yvette van Bovens ist. Auch schon in ihren bereits erschienenen Kochbüchern vermittelt sie Basiswissen und -rezepte – bspw. Suppenbrühen, Pralinen oder Senf. Hier ist es quark alias Topfen, eclairs mit Lavendelfüllung, orangenlikör, diverse cocktails, rillettes und nougat. Schön nachvollziehbar, weil in einzelne Schritte gegliedert, sind diese Rezepte mit einer Fotostrecke unterlegt und der Erfolg ist garantiert.

Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
ob‘s Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.

Home Made SOMMER als Wunder zu bezeichnen wäre übertrieben. Es entspricht mehr dem handwerklichen Können und den künstlerischen Ambitionen der Autorin, wenn sie uns mit diesem Kochbuch ein Werkzeug in die Hand gibt, das uns das sommerfeeling einfangen lässt. Das ist auf vielerlei Art möglich. Zum Beispiel mit einer Reise nach Asien um Wan Tan Ravioli zu kosten, oder nach Frankreich, um in mit Pudding gefüllte eclairs zu beißen, oder in den Libanon, um den einfachen Brotsalat fattoush zu genießen. Es sind viele Orte und Länder, die wir so auf unserem Streifzug durch den Sommer besuchen.
Und nächstens wird es Sommer denke ich beim Durchblättern des Kochbuchs. Halte inne bei manch starkem Bild von dem Fotografen Oof Verschuren, dem es gelingt Alltagsmomente des Sommers einzufangen. Eingestreut sind auch viele kleine Zeichnungen von Kaninchen, Fischen, Kochutensilien etc., die typisch für Yvette und zum Schmunzeln sind, etwa dort, wo einem Hühnchen eine Bierdose in den A … geschoben wird, um das Rezept bierdosenhühnchen zu veranschaulichen.

Und – das wurde schon gesagt – in diesem Sommer-Kochbuch finden sich auch jede Menge festliche Sommerdrink-Rezepte. Sobald wir uns einen elderblossom collins aus 1 Teil Gin, 1/2 Teil trockenem Wermut und 1 Teil Holunderblütensirup sowie viel Eis gemixt haben, können wir uns zuprosten. Also PROST! Auf den SOMMER und vor allem auf die Anregungen und kulinarischen Vergnügen, die wir uns aus Home Made SOMMER holen.

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