Chakalls Sudaka. Südamerikanische Trendküche

Dorling Kindersley Verlag, München, 2015, 176 Seiten, 20.60 Euro
ISBN 978-3-8310-2660-9
Vorgekostet

Heute geht es um Kochen und Essen in SÜDAMERIKA.

Wer nach der südamerikanischen Küche fragt, bekommt wahrscheinlich immer wieder dieselben Gerichte aufgezählt: Die Feijoada, jener klassische Eintopf aus Bohnen und Fleisch, wird ohne große Überlegung sofort mit Brasilien assoziiert. Für Argentinien steht an erster Stelle meist das Rumpsteak oder Bife de Chorizo und Peru wird, salopp formuliert, mit Ceviche in einen Topf geworfen, jene marinierten Meeresfrüchte, die die andine zu einer Trendküche avancieren ließen. Tatsächlich ist die lateinamerikanische Küche ein Sammelbecken regionaler Küchen, die – lokale Zutaten mit äußeren Einflüssen vermengt – immer wieder neue Köstlichkeiten schafft. Ein schönes Beispiel ist Chili con carne, mittlerweile ein Allerweltsessen, das aus der Aztekenküche hervorging und ursprünglich nur aus Wildbret mit rotem Chili bestand. Die Spanier erweiterten den Eintopf mit Bohnen, Zwiebeln und Tomaten und ersetzten den Truthahn durch grobgehacktes Rindfleisch. Die Bohnen und anderen Zutaten haben in dem ursprünglichen Gericht aus Chili und Fleisch streng genommen nichts verloren. Der originär aztekische Eintopf bildet heute die Basis für eine Vielzahl von Vermengungen lateinamerikanischen Gemüses mit Fleisch. In Chakalls zweitem Kochbuch, Sudaka, Südamerikanische Trendküche, das im Dorling Kindersley Verlag erschienen ist, werden im argentinischen Eintopf neben Rindfleisch und Bohnen an die 20 weitere Zutaten eingearbeitet. Ursprünglich, erfahren wir vom Autor, bereiteten die Indios diesen Eintopf mit Lamafleisch zu.

Wer ist nun dieser Chakall, der mit seinem Kochbuch versucht, einen Querschnitt der südamerikanischen Küche zu präsentieren? Eduardo Andres Lopez, so sein bürgerlicher Name, ist Argentinier, der mit seiner Fernsehshow „Chakall kocht“ und seinem, die Kochmütze ersetzenden, Turban populär wurde. In Berlin eröffnete er 2013 das argentinische Restaurant Sudaka. Als ‚Sudaka‘ beschimpften die spanischen Eroberer die Indigenen. Ein Reizwort, das von Chakall umgedeutet, heute für typische Charaktereigenschaften der Südamerikaner stehen soll: Familienverbundenheit, Improvisationsvermögen und Talent zum Feiern. Im Vorwort heißt es dann auch, „wenn Sie wie ein Sudaka genießen möchten: Kochen und essen Sie nicht allein! In Südamerika ist gemeinsames Essen ein ganz wichtiges Ritual, bei dem Familie und Freunde sich um einen Tisch versammeln. Das werden auch schnell mal 14 Personen – und dann ist besonderes Improvisationstalent gefragt …“

Auf sechs Kapitel aufgeteilt, wird ein Reigen sowohl klassischer als auch neuer Rezepte von Chakall offeriert, die von der typischen Hausmannskost über Streetfood bis zur Haute Cousine reichen. Lustig und treffend lesen sich einzelne Kapitelüberschriften wie heiß, kalt, roh für Suppen, Salate und Ceviche oder Auf die Hand für Fast Food und Minutas oder das 3. Kapitel für den kleinen und zum großen Hunger dazu. Das legt anschaulich dar, wie aus wenig mehr werden kann. Die weiteren Zugänge sind Fleisch, Fisch und Saucen, dann Desserts und Süßigkeiten sowie Getränke. Eine ausführliche Warenkunde als auch ein Einkaufsführer mit Links von – vor allem – deutschen Online-Lebensmittelshops am Ende vervollständigen das Werk. So bleiben kaum Fragen unbeantwortet und selbst die exotischsten Zutatenwünsche beziehbar, wie diverse Maisvariationen und Chilisorten oder Pisco, ein peruanischer Traubenschnaps.

DIe Bandbreite der Gerichte ist ausgewogen und deckt alle Vorlieben ab, egal ob fleischige, vegetarische oder süße Köstlichkeiten bevorzugt werden. Die Aufmachung des Kochbuchs: Knallig bunte Seiten vermitteln zudem Lebensfreude und sinnliche Wollust. Ein wahrer Augenschmaus ist die typographische und layouterische Gestaltung. Alle notwenigen Informationen inklusive Zeitangaben enthalten die ablauforientierten Kochanleitungen. In die Bildseiten hineingearbeitete Querverweise, ergänzende Rezepte, Tipps und sozialhistorische Details lassen ansatzweise kulturelle Hintergründe durchschimmern.

Nachgekocht habe ich die frittierten Maismehlwürfel  und als Beilage zu den Hähnchenkeulen in Kokossauce gereicht. Die übriggebliebenen Maiswürfel besserten am nächsten Tag die Kürbissuppe mit Riesengarnelen und Kokosmilch auf, die ebenfalls in diesem Kochbuch beschrieben ist. Und weil diese Maismehlwürfel nicht nur einfach herzustellen, sondern auch wunderbar schmecken und vielseitig einsetzbar sind, lege ich Ihnen das Rezept in den Ordner.

Bewährt hat sich der argentinische Eintopf mit weißen Bohnen, Mais und Rindfleisch, den eine Freundin und ich unserem Chor servierten. Die 80 hungrigen Sängerinnen und Sänger gingen nach der Probe in bester Laune nach Hause. Beim Würzen waren wir mutig und großzügiger als vom Autor vorgegeben und lagen mit der erzielten Geschmacksnote genau richtig, was wir den positiven Rückmeldungen entnahmen.

Das Limettenmousse mit karamellisiertem Ingwer tischte ich Freunden als Nachspeise auf. Es war ausgezeichnet, keine Frage, aber im Nachhinein würde ich den Sahneanteil dieses üppigen Desserts reduzieren. Die männlichen Naschkatzen verputzten es ratzekahl, während die Frauen einiges stehen ließen, wohl auch wegen der vorgerückten Stunde. Ein Highlight war die überraschende Kombination von Spinat mit Banane. Dieses Gericht hat sich bewährt, sowohl als Beilage als auch als einfache Hauptspeise.

Was bleibt am Ende? Einige Gerichte sind zeitintensiv, manche Zutaten sind schwer zu bekommen und teuer, wenn man nicht experimentierfreudig und kompromissbereit ist und persönliche Variationen zulässt. Das Kochbuch jedoch ist ein guter Einstieg in die südamerikanischen Kochkulturen und rückt manch stiefmütterlich behandeltes Lebensmittel stärker in den Küchenfokus, etwa Kokosmilch, Zitronengras und Limetten aller Art. Und der Geschmack des karamellisierten Ingwer beim Limettenmousse wird mir lange in Erinnerung bleiben.

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