Kathrin Salzwedel, Ramin Madani, Äpfel, Birnen & Quitten

Herzhaftes und Süßes für Herbst und Winter

Fotos von Kathrin Salzwedel
Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2023, 184 Seiten, 28.– Euro
ISBN 978-3-7995-1559-7
Vorgekostet

Heute reisen wir in den Garten EDEN.

Dort besuchen wir die Familie der Rosaceae. Eine Riesenfamilie, die sich in verschiedene Gattungen splittet. Dazu zählen Rosen genauso wie Brombeeren und Himbeeren oder Erdbeeren. Uns interessiert aber die Gruppe der Malinae, darunter fallen Apfel, Birne und Quitte. Um die geht es heute. Ihnen widmeten Kathrin Salzwedel und Ramin Madani ein Kochbuch. Herzhaftes und Süßes für Herbst und Winter versprechen uns die Autoren. Das Kochbuch mit den Hauptdarstellern  Äpfel, Birnen & Quitten ist im Thorbecke Verlag erschienen.

Jetzt im Spätsommer beginnt die Apfel- und Birnenernte. Und die Vorstellung, in saftige, knackige Äpfel zu beißen, mutiert zu vampirischer Vorfreude. Äpfel sind das meistkonsumierte Obst Deutschlands und Österreichs. Ich kenne niemanden, der Äpfel nicht mag. Ein frisch gepflückter Apfel schmeckt eindeutig anders als ein aus fernen Ländern importierter. Äpfeln fehlt die verführerische Seite der Pfirsiche und das Geheimnisvolle des Granatapfels, aber das machen sie mit ihrer Vernunft wieder wett, behauptet der britische Koch Nigel Slater. Wohl auch, weil Äpfel eine sehr gesunde, kalorienarme und leicht erhältliche Energiequelle sind, besonders reich an Flavanoiden, die chronischen Erkrankungen entgegenwirken. Die englische Redewendung An apple a day keeps the doctor away (Jeden Tag einen Apfel essen, dann kann man den Doktor vergessen) kennen alle.

Wir nennen Äpfel und Birnen im selben Atemzug, obwohl sie so verschieden sind. Die Birnen sind zarter, Prinzessinnen, die mehr Zuwendung verlangen. Sie entwickeln eine körnige Textur, wenn man sie zu lange auf dem Baum reifen lässt. Gedörrt sind sie kleine Kraftpakete, ideale Nahrung für Sportler.

Die dritte im Bunde ist die Quitte und wohl auch unscheinbarste, obwohl sie so ein außergewöhnliches Aroma verströmt. Strahlend goldgelb, kurvig und umhüllt von pelzigem Flaum, so präsentiert sie sich uns. Im Gegensatz zu Apfel und Birne ist die Quitte steinhart und roh ungenießbar. In Hyronimus Bocks Kräuterbuch von 1560 ist zu lesen: eine Quitte, in Händen getragen und daran gerochen oder in die Gemache gestellt sei gut gegen böse Lufft und habe hertzstärckente Krafft

Das Kochbuch von Salzwedel und Madani über die drei so genannten Apfelfrüchte ist in vier Hauptkapitel gegliedert. Im ersten ist alles Wissenswerte über Äpfel, Birnen und Quitten zusammengefasst, das heißt, mehr kursorischer Überblick inklusive Tipps, darum sehr allgemein gehalten. 

Die anschließenden Früchtekapitel enthalten dann ausschließlich die Rezepte, die in sechs Kategorien unterteilt sind: Frühstück, Kuchen & Gebäck, Eingemachtes, Herzhafte Gerichte, Snacks & Desserts sowie Getränke. Im Vorwort bekunden Kathrin und Ramin ihren Anspruch, neben manchen Klassikern vor allem Rezepte die nicht so bekannt sind vorzustellen und die mit neuen Aromen und Geschmackskombinationen überraschen. Mit den vorliegenden Vorschlägen bewegen sie sich vor allem in zwei Bereichen: Wohlfühl- und vegetarische bzw.vegane Rezepturen. Wir bleiben zunächst bei Apfel und Birne, da sie organisch gesehen ähnlich sind. Smoothies, Pudding und Crumbles in unterschiedlichsten Kombinationen gestalten das Frühstück abwechslungsreich. Auch ein Kokosnuss-Chia-Overnight-Oats, was nicht mit osteochondrale autologe Transplantation (OATS) – einem chirurgischen Eingriff – zu verwechseln ist, findet sich unter den Muntermachern, ein Brei der mit Hafermilch und Apfelmus angerührt wird. Unverzichtbar am Frühstückstisch ist gutes Brot. In diesem Fall ein Apfel-Nuss-Brot, das abgesehen von der Teigruhezeit gar nicht so aufwändig in der Herstellung ist und fantastisch schmeckt.

Nicht immer geben Kathrin und Ramin vor, welche Apfelsorten sie in ihren Rezepten bevorzugen. Für den französischen Apfelkuchen sind es säuerliche Äpfel wie der Glockenapfel, Boskop oder Granny Smith. Die Säure sorgt für das stechend frische Schlüsselaroma. Beim Apfel-Haselnusskuchen ist der Apfel Beiwerk, der verhindert, dass das Gebäck zu trocken wird. Keine Probleme macht diesbezüglich der gedeckte Birnenkuchen mit Zimt und Ingwer, der, mit Schlagsahne bzw. Vanilleeis serviert, von sechs Personen als Nachtisch schnell verräumt war.

Eine schöne Überraschung sind die Birnen-Küchlein, die raffiniert zubereitet werden. Sie schauen aus wie Kerzen in einem Teigmantel. Der Trick ist, dass die Birnen mit Teig übergossen in Muffinformen herausgebacken werden. Nicht einmal zeitaufwändig. Begeistert waren sie alle, die in den Genuss dieser Küchlein kamen. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn sie auch das Birnen-Bananenbrot zwischen die Finger bekommen hätten. Dieses saftige Früchtebrot schmeckte meinen Enkeln besonders gut. Ja, sie lieben Banane und auch Walnüsse, die ebenfalls drinnen sind.

Das Hutzelbrot oder Kletzen- oder Früchtebrot darf natürlich auch nicht fehlen. Knapp vor Weihnachten werde ich dieses Rezept ausprobieren, im Kalender ist es eingetragen. Die Bilder von diesem Weihnachtstollen schauen sehr vielversprechend aus. Überhaupt sind die Foodfotos von höchster Qualität, abwechslungsreich in Bildausschnitt und Darstellung. Manchmal etwas zu stylisch, etwa beim Rezept zu Wasserkefir mit Pfirsich und Birne. Da stelle ich mir das Einfüllen der Fruchtstücke in die Flaschen mit dem engen Hals etwas mühsam vor. Auch wenn es gut ausschaut, verwende ich für Erfrischungsgetränke mit Fruchtstücken lieber Einweckgläser.

Das Kürbis-Quitten-Apfelmus ist zur Zeit der Renner bei meinen Enkeln. Ob pur oder im Porridge, sie lieben diesen Gatsch.

In der Abteilung herzhafte Gerichte, befinden sich überwiegend Salate und Suppen. Der Linsensalat mit Apfel und Paprika rückt eine Pflanze der Familie der Schmetterlingsblütler und wahre Eiweiß- und Proteinbombe in den Fokus der Alltagsküche. Ein Gericht, das sich bestens fürs Picknick eignet wie auch zum Mitnehmen in die Arbeit für die Mittagspause. Die Kürbis-Apfel-Suppe muss nicht nur an kalten Tagen zubereitet werden, sie ist einfach zu köstlich.

Auch aus der Abteilung Birne gibt es einiges Interessantes zu vermelden. Der Dinkelflammkuchen mit Kürbis und Birne ist eine spannende Kombination. Während im grünen Taboulé mit Birne, – ein Ausflug in den arabischen Raum – das einzig Südostmediterrane der Couscous ist. Hier hätten Kathrin und Ramin etwas mutiger sein können, um dem Salat mit Zaatar oder Sumach oder Harissa eine orientalische Note zu verleihen.

Ein Hit das Birnenmus und die Birnenmarmelade , wenn auch nicht so fein püriert wie vorgeschlagen. Beide, mit einem kleinen Anteil würfeliger Birnenstücke, werden künftig noch öfter zum Frühstück oder zu Käse aufgetischt.

Jetzt wird es allerdings Zeit, noch einen Blick auf die Quitte zu werfen. Sie erschließt sich erst auf den zweiten Blick, dabei gab es sie bereits vor Apfel und Birne. Eine Schüssel mit großen Quitten verzaubert und strahlt eine gewisse Hemmungslosigkeit aus. Roh ungenießbar, gekocht göttlich. Bei uns werden sie grob unterteilt in Apfel- und Birnenquitten. Auf Märkten wird vor allem die Portugiesische Birnenquitte angeboten, gelegentlich romantische Sorten wie die Vranja oder Van Deman. Die türkischen Geschäfte präsentieren sie meist so, dass ich nicht umhin komme, zwei, drei Stück dieser Duftbomben zu kaufen. Zu einem einfachen Kompott verarbeitet, verzaubert sie mich bereits, vereinnahmt den Raum für sich. Der Quitten-Zucchini-Kuchen war eine neue Geschmackserfahrung, und die mit Butter bestrichenen Schnitten bei jedem Bissen pure Freude. Der herzhafte Blätterteigstrudel mit Weißkohl und Quitte klingt im ersten Moment deftig, entpuppt sich aber als feines Hauptgericht. Auch die Quitten-Kürbis-Quiche erweitert mein Repertoire der vegetarischen Gemüsekuchen. Zuguterletzt sollte ich noch auf den Quitten-Shrub hinweisen, der, als Aperitif serviert, meinen Gästen besonders gut mundete.

Äpfel, Birnen & Quitten von Kathrin Salzwedel und Ramin Madani ist ein vegetarisch / veganes Kochbuch. Die Rezepte sind nicht besonders kompliziert, meist auch schnell zubereitbar, dabei nicht großartig abwechslungsreich. Sie gehören für mich in die Kategorie stilles Glück, Wohlfühlessen. Dieser Eindruck wird noch durch manches Foto verstärkt. Was mir fehlt ist der gelegentliche Blick in die Tiefe, eine stärkere Akzentuierung der Rezepte. Auch das Spiel mit den Geschmacksbildern, wozu die verschiedenen Fruchtsorten geradezu einladen. Bspw. wird beim selbstgemachten Apfelmus darauf hingewiesen, dass mit rotfleischigen Äpfeln der Farbton verändert werden kann. Dass diese Sorten aber von Haus aus säuerlicher sind, bleibt unerwähnt. Denn die Kernbotschaft wäre: frisch-saures Aroma hebt das Natürliche hervor und die Früchte zusammen mit anderen Zutaten beflügeln sich gegenseitig. So bilden bspw. knackige Äpfel zu weichen Steinpilzen einen tollen Kontrast. Dennoch, Äpfel, Birnen & Quitten liefert einige Ideen und Anregungen, um die drei Hauptakteure in Mahlzeiten zu verwandeln, die in Erinnerung bleiben.