Shami Thakrar, Kari Thakrar, Naved Nasir, Indische Küche – Dishoom

From Bombay with Love

Fotografie von Haarala Hamilton
Aus dem Englischen übersetzt von Jaqueline Dubois
Heel Verlag, Königswinter, 2021, 400 Seiten, 34.95 Euro
ISBN 978-3-96664-152-4
Vorgekostet

Heute reisen wir nach BOMBAY.

In eine Stadt, in der fast genau so viele Menschen leben wie in ganz Australien. Eine Mega-Metropole am Meer und ein Inselstaat der Hoffnung in einem uralten Land mit derart krassen Gegensätzen wie nirgendwo anders auf der Erde. Es sind die Slums, die Dörfer innerhalb der Stadt bilden, die den Besuchern Bombays als Erstes auffallen. Bombay war das Tor nach Indien und so strömten sie aus allen Teilen der Welt herbei:  die Portugiesen, die Moguln, die Briten, die Gujaratis, die Parsen, die Marathen, die Sindhis, die Punjabis, die Biharis … und die Amerikaner.* Im 19. Jahrhundert kamen Iraner, verfolgte Anhänger des Zoroaster, nach Bombay. Sie begannen als Lebensmittelhändler und erweiterten ihre Tätigkeiten dann um Bäckereien und Imbisse. Sie profitierten vom Aberglauben ihrer hinduistischen Konkurrenz: Es bringt Unglück, wenn man sein Geschäft an der Straßenecke hat. Für die Iraner war es ein Glück; ihre Cafés sind von beiden Seiten zu sehen und bekommen viel Licht. Tischchen mit Marmorplatten und Teakholzstühlen verströmen Behaglichkeit, die Wände sind mit großen Spiegeln geschmückt.

Wer es sich leisten kann, trinkt morgens frische Kokosnussmilch und abends Wein. Hier trifft man Leute, die einem erklären, wo es in Paris die beste Schokolade gibt, aber keine Ahnung haben, wo sie in Bombay ein gutes Bhel Puri bekommen, diesen beliebten indischen Straßen- und Strandsnack. 

Für Seketu Mehta gehört Bombay den Vada Pau-Essern, das ist das Mittagessen der Armen, der Karrenzieher, der kleinen Angestellten, Polizisten und Gangster. Die Einwohner Bombays streiten ununterbrochen darüber, wer die besten verkauft. Naved Nasir, Shami und Kari Thakrar sind der Ansicht, dass der Ashok Vada Pav Imbiss beim Kirti College in Dadar, eine Autostunde südlich von Bombay, die besten Vadas serviert. Wer sich aber diese Fahrt ersparen will, greife auf das Rezept der drei Genannten zurück, die dieses burgerähnliche Gericht in Indische Küche – Dishoom veröffentlicht haben. Ein Indien-Kochbuch, das im Heel Verlag erschienen ist. Was für ein Bombay-Kochbuch!

Also, für das Vada Pau benötigt man viele Zutaten und natürlich Zeit, da darüber hinaus einiges vorzubereiten ist. Die Pau-Brötchen oder Burger Buns könnte man leicht selber machen, aber es ist kein Rezept beigestellt – daher finden Sie eines in meinem Rezept-Ordner. Nicht ganz durchgeschnitten, sperren die Brötchen ihr Maul weit auf, um die Kartoffelpuffer samt einem Klecks Koriander-Minze-Chutney zu verschlingen. Vor dem Zuklappen dann noch einen Spritzer Tamarinden-Drizzle in den Brötchenrachen, fertig ist der vegetarische Burger.

Die Thakrar-Brüder betreiben in London mehrere Imbiss-Lokale, Dishooms mit Naved Nasir als Chefkoch. Dishoom ist den frühen Hindi-Filmen entlehnt und bezeichnet einen Soundeffekt, der die Schläge des Helden akustisch hervorhebt. Ein Anspruch, den die Lokalbetreiber sich von ihrem Imbiss erwarten, oder anders gesagt, ihre Gerichte sollen in den Ohren der Gäste knallen. Die Familie Thakrar kam von Bombay in Englands Metropole, im Gepäck die Idee von einem Imbissladen und Rezepte. Ihr Vorbild sind die iranischen Cafés und Restaurants Bombays. Sie stehen für Gemütlichkeit, Orte wo man Freunde trifft oder einfach einen Chai trinkt und in ein Buch versinkt. Shami, Kari und Naved haben sich also aufgemacht, jene Orte Bombays aufzusuchen, durch die Dishooms Rezepte inspiriert wurden. Trost spendende Orte, an die viele Geschichten geknüpft sind und Gerichte, die in parsischer, muslimischer, hinduistischer oder auch christlicher Tradition zubereitet wurden. Ihnen gilt, kaum serviert, das ganze Augenmerk. 

Indische Küche – Dishoom ist also eine Spurensuche, die dem Tagesablauf folgt. In zehn Kapiteln verleiben wir uns die Megastadt ein und staunen über die kulinarische Vielfalt, die sich in friedlichem Nebeneinander präsentiert. 

Zum Frühstück genießen die Bombayiten in Chai getunktes Pau, ähnlich den Hamburger Brötchen. Wer es aber gern üppig mag, beginnt mit Akuri, das ist Shakshuka auf parsisch. Oder einem Omelette-Pau, das mit Ketchup bestrichen wird. Meine Enkel mögen das. Wir sind noch im Frühstücks-Modus. Das Dishoom Bacon Naan Roll hat so etwas wie Kultstatus und es gibt Leute, die behaupten, sie sind zum Sterben gut. Das noch dampfende Naan wird mit Frischkäse und Tomaten-Chili-Marmelade bestrichen, darauf werden Baconscheiben gelegt. Ja, richtig gelesen, Bacon- und nicht Speckstreifen kommen in die Füllung. Aber statt des Specks können Sie auch zwei Bratwürstchen oder zwei gebratene Eier hineinschichten und umschiffen damit elegant die Frage: Bacon or not Bacon: Thats …  Und während ich mich noch über den Bacon wundere, haben meine Enkel längst schon den Bananen-Dattel-Porridge entdeckt und beginnen, die britisch-indische Frühstücks-Allianz ignorierend, im Eiltempo, Bananen und Porridge in sich hinein zu löffeln. Ich aber stehe auf Marmeladen und Konfitüren. Und die Orangen-Sternanis-Marmelade erweiterte meine Sammlung an Orangen-Marmeladen, brachte eine neue Geschmacksnote hinein, die alle, die davon kosten durften, begeisterte. Allerdings ist das Rezept ein wenig umständlich, werden nicht alle Schalen der Frucht verwertet. Als Alternative gäbe es noch eine Ananas-Konfitüre mit rosa Pfeffer und eine Tomaten-Chili-Konfitüre, die süß und scharf unsere konventionelle Vorstellung von Marmelade aushebelt. Und zur Erinnerung: Die Tomaten-Chili-Konfitüre ist die Spezialsoße für die Bacon Naan Rolls.

Der Vormittag schreitet voran und ich lasse mich lesend langsam durch den Süden Bombays treiben. Die Tour kann man auf einem Stadtplanausschnitt nachvollziehen. Nach dem Frühstück in den Malaba Hills führt uns die Entdeckerlust weiter durch enge Gassen und historische Gegenden zu einem imaginären Fort. Wo einst die Festung stand ist heute dicht verbauter Wohnraum und ein exotisch schönes Gebäude, das früher die japanische Bank und heute das Yazdani Restaurant mit Bakery beherbergt. Mit dem Inhaber Mr. Zend M. Zend wollen wir uns nicht anlegen, er war Preisboxer. Heute bäckt er Brötchen und Plätzchen. Wunderbare Keema Puffs, kleine Blätterteigpasteten, die mich an türkische Börek erinnern. Statt Spinat und Feta sind die Puffs mit Lamm und Erbsen gefüllt. 

Wer hätte das gedacht, dass Bombay auch eine Stadt der Kekse ist? Jeera Kekse sind leicht süßlich, mit Kreuzkümmel gesprenkelt, die in jedem Chai-Laden angeboten werden. Und in den Nankhatai kommen drei Mehlsorten zum Einsatz, die für eine würzige Note sorgen. Dieser Keks ähnelt dem Shortbread. Genussvoll den Keks kauend, wandern wir weiter durch das alte Bombay, das links und rechts vom Meer eingezwängt wird. Im Restaurant Britannia & Co. empfing noch bis 2019 Mr. Kohinoor persönlich seine Gäste. Gegen die Hitze in Bombay empfahl er eine leichte, erfrischende Limettenlimonade, die mit Soda und Eis die Sonne weniger heiß macht. Dazu, es ist jetzt Lunchtime, Salli Boti, ein Lamm-Gericht mit Kachumber, eine Schüssel mit Gemüse, das man am ehesten als Salat gelten lassen kann. Wer aber ein typisches Mittagessen, wie es vielen Büroangestellten Bombays von den Dabbawalas gebracht wird, kosten will, der versuche Rajma, die sanft gewürzten Kidneybohnen.

Bombay hat ein tropisches Monsunklima, die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 31°C. Man ist angehalten, viel zu trinken, auch bei uns. Ein beliebter dickflüssiger Durstlöscher ist salziges Lassi, ein Joghurtdrink, der mit einer Prise Salz und Kreuzkümmel aromatisiert wird. Von Persern eingeführt wurde der Wassermelonen-Sharbat, ein Getränk, das ich meinen Freunden an heißen Sommertagen gern serviere, statt einem Bier. Es sollte auch mit einer Honigmelone oder Mango funktionieren. Dafür mischt man 50 ml Melonen- oder Mangopüree, also durch ein Sieb gepresstes Fruchtfleisch, mit 1 EL Läuterzucker und 25 ml Limettensaft. Salz in ein hohes Glas zerkrümeln, 1-2 EL Püree dazugeben und bis oben mit Eis füllen. Dann nur noch mit Mineralwasser aufgießen, fertig ist das beste Getränk gegen müde machende Hitzetage.

Wir flüchten an einen ruhigen Ort, an dem man in der sanften Brise den Sonnenuntergang genießen kann. Am Chowpatty Beach ist das Essen billig und die Aussicht kostenlos. Bhel, ein beliebtes Gericht der indischen Straßenküche und fast Beinahe-Salat aus Puffreis, Gemüse und Gewürzen, könnte auch als Tabouleh durchgehen, wäre da nicht das Dressing aus Tamarinden- und Koriander-Minz-Chutney. Das Gericht besticht durch die erfrischenden Aromen, ist im Handumdrehen zubereitet, wenn man die Zutaten vorrätig hat. Samosas sind wohl die bekanntesten indischen Snacks, behaupten die Autoren. Ihr Lamm-Samosas bereiten sie im Gujarati-Stil zu, mit einem dünnen Filoteig. Mit Fotostrecken wird Step by Step erklärt, wie die Samosas auf zweierlei Arten  gefaltet werden. Wichtig ist dann nur noch, die richtige Temperatur beim Frittieren zu finden, da die Teigtaschen schnell braun werden. Samosas können kalt oder warm gegessen werden, als Vor- oder Hauptspeise. Die vegetarischen Samosas sind etwas aufwändiger zuzubereiten, da das ganze Gemüse auf Erbsengröße geschnitten sein soll. Eine tolle Idee finde ich die frittierten Okraschoten, knusprig und saftig sind sie für Chips-Süchtige ein genüsslicher Ersatz.

Aus dem 17 Uhr-Kapitel herauszukommen ist wirklich schwer, zu viele interessante Rezepte wollen ausprobiert werden. Aber innere Unruhe drängt uns aufzubrechen. Uns durch die Autos schlängelnd, eilen wir nach Kala Ghoda, ein geschäftiger Bezirk mit engen Gassen, Feinkostläden, Cafés und Kunstgalerien. Die Statue eines schwarzen Pferdes verlieh der Gegend ihren Namen, bezeugt, dass die Bombayaten ein Ross vorzogen und nicht seinen Reiter Edward VII. Ob Edward jemals das Trishna betreten hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls ist das Haus berühmt für erstklassig zubereitete Meeresfrüchte, z. Bsp. Koliwada Gambas oder Garnelen-Moilee, das sind saftige Garnelen in Kokosmilch, oder der Butter-Knoblauch-Krebs, ein simples aber doch luxuriöses Gericht für besondere Gelegenheiten. Ein Markenzeichen des Londoner Dishoom-Restaurants ist das House Black Daal. Dafür werden schwarze Urdbohnen mit Gewürzen und Pasten über einige Stunden gekocht. Spätestens, wenn Sie über den Teller gebeugt von der Saucensuppe kosten, dazu ein Stück Chapati, spätestens dann vergessen Sie alles um sich herum.

Nun ist es 20 Uhr und Naved, der Dishoom-Koch, will uns seine Freunde in der Mohammed Ali Road vorstellen. Es ist Ramadan, die Straßen sind voll hungriger Moslems, die nur auf den Ruf des Muezzins warten um endlich nach dem langen Fastentag etwas zu essen. Das ist auch die Zeit der Biryani, ein Schmorgericht mit gebratenem Reis und Fleisch und vielen Gewürzen. Allein fürs Gewürz-Mise en place kann schon mal eine Stunde draufgehen. Während das Awadhi Lamm Biryani durch die Verwendung verschiedener Lammabschnitte seine kulinarische Prägung bekommt, verleiht Sternanis dem Hyderabad Lamm Biryani ein besonders köstliches Aroma. Das habe ich mir gemerkt, daher kommt in all meinen Biryanis Sternanis hinein, nur in den Jackfrucht Biryani nicht. Wer die Frucht des Weißen Maulbeerbaums kennt und diese mit der Jackfrucht vergleicht, kann eine gewisse Ähnlichkeit nicht leugnen. Nur ist die Jakobsfrucht, wie sie auch genannt wird, ein Riese und in unseren Breitengraden nur in der Dose erhältlich. Ich habe das Topping weggelassen, um zumindest einen kleinen Hauch der Frucht zu erschmecken, was nicht wirklich gelang. Die Jackfrucht wird unreif in Currys verwendet und reif mit einem stechenden Aroma vor allem in Desserts. Für eine Creme werden in der Thai-Küche Gänseeier mit Kokoscreme, einiges an parfümierten Palmzucker und wenig reifer Jackfrucht zu einer Masse verquirlt, um sie bei starker Hitze zu dämpfen, bis sie fest ist. Abgekühlt entfaltet die Frucht ihr unvergleichbares Aroma. Unvergleichbar ist auch Paya, ein Gericht für Unerschrockene, die es gern deftig mögen. Diese Suppe mit Lammhaxen wird sowohl zum Frühstück als auch zum Abendessen gegessen. Nein, nicht von mir, da halte ich mich lieber an Haleem. Dieser Brei aus Bulgur, Urdbohnen, Lamm und Gewürzen ist eine Herausforderung hinsichtlich Zutaten und Zeitaufwand; man sollte ihn zumindest einmal versucht haben.

Aber die Zeit schreitet unaufhaltsam weiter. 21 Uhr ist es, und wir sind im Bademiya gelandet, in der Tulloch Road. 1946, als die Welt das letzte Kapitel in Indiens Unabhängigkeitskrieg beobachtete, begann das Bademiya als kleiner Imbiss. Heute ist es ein Big Player, der täglich von einer riesigen Menschenflut überschwemmt wird, die alle wegen der berühmten Sheekh Kababs, dem Chicken Tikka bzw. Paneer Tikka Chapti Wrap kommen. Aufgespießtes Lamm- und Hendlfleisch bzw. gefüllte Palatschinkenrollen. Und wenn abends alle Tische besetzt sind, dann verwandeln sich die warmen Motorhauben in praktische Picknicktische. Die Luft ist voll von verlockenden Aromen der Fleischspieße, die auf unzähligen Holzkohlegrillen vor sich hinbrutzeln. Mein Magen schließt die Pforten, lässt nur mehr Flüssiges hinein. Über das Stimmengemurmel legen sich die Klänge der Straßenmusiker. Ist das der improvisierte Led Zeppelin-Gig? 

Um zur Ruhe zu kommen, fahren wir zum Nariman Point. Frische Seeluft streicht über die Strandmauer. Einen Chai schlürfend, könnten wir hier bis zum Sonnenaufgang sitzen. Vor uns das Arabische Meer, über uns südliches Sternengeflunkel. Der letzte Programmpunkt ist ein wohlverdienter Absacker im Taj. Nachdem wir den ganzen Tag fast nur herzhaft gegessen haben, könnten wir jetzt etwas Süßes vertragen, meinen die drei Autoren. Ein traditioneller Creme-Milchreis ist Basmati Kheer, ein Dessert, das kalt gestellt, eine puddingähnliche Konsistenz annimmt. Ein Löffel voll Blaubeermarmelade verleiht dem Ganzen eine feine säuerliche Note. Während Bun Maska Pudding, ein Abkömmling des englischen Brotpuddings, mit reichlich Muskat und ein wenig Kardamom exotisch gestimmt wird. Interessanterweise sind alle Desserts in diesem Abschnitt aus dem Westen eingeführte. Ob Trifle, Crumble, Eis oder Mousse, hier wird die koloniale Vergangenheit sichtbar. Und wenn wir uns entschließen, vor dem Schlafengehen noch einen Schlaftrunk zu uns zu nehmen, dann sind die Bars der viktorianisch angehauchten Grand Hotels eine Offenbarung. Während unsere Körper zum Rhythmus des Taj Mahal Foxtrots leicht mitschwingen, schüttelt der Barkeeper einen Drink nach dem anderen. Monsoon Martini, Kohinoor Fizz, Bombay Presidency Punch und für mich ein Bollybellini, der mich an die süßen Bollywood-Filme denken lässt. Theoretisch herrscht in Bombay noch immer die Prohibition. Aber das Gesetz erlaubt den Ausschank alkoholischer Getränke zum medizinischen Gebrauch und die Bars in der Stadt sind ‚Genehmigungsstellen‘. Cheers! oder Mubarik! wie es wohl auf hindi heißt.

Indische Küche – Dishoom ist ein kulinarischer Stadtführer und exotisches Kochbuch in einem. Der Fokus liegt auf dem alten Stadtteil Bombays, heute Mumbay-City, der wichtigsten Hafenstadt Indiens. Die Autoren nehmen uns mit in ihre Geburtsstadt. In ausgedehnten Stadtspaziergängen erwandern wir uns diese Megacity, nicht ohne einzukehren und uns den lukullischen Genüssen hinzugeben. Es sind vorwiegend iranische Cafés und Restaurants, die uns Zeit und Schatten gewähren, um in Ruhe Zeitung zu lesen oder dem bunten Treiben auf der Straße zuzuschauen. Ich blättere in Indische Küche – Dishoom, der deutschen Ausgabe des 400 Seiten starken Wälzers von Naved Nasir, Shami und Kari Thakrar. Leise surrt der Deckenventilator, während historische Fotos, Kartenausschnitte und die Beschreibungen von Architektur und Menschen mich immer weiter hineinziehen in das Treiben dieser nordindischen Metropole. Vorbei an Märkten, an Streetfood-Buden, an Essensauslieferern, an kleinen Marmortischen, an Kellnern die eilfertig herzhafte Mahlzeiten servieren. Im Zeitraffer absolviere ich einen zweiten genussfreudigen Marathon mit neuen kulinarischen Highlights. Zum Frühstückskaffee gibt es Bun (Brioche) und Brun (Weizenbrötchen), die, mit Ananas-Konfitüre und Orangen-Sternanis-Marmelade bestrichen, mir den Vormittag versüßen. Später, zu Mittag, eine erste Überraschung: Chole Bhature, ein Kichererbsen-Curry, dazu Raita und Rosen-Kardamom-Lassi. Nachmittags gegen fünf esse ich Dahi Bhalla Chaat, um den kleinen Hunger zu stillen. Zwei Stunden später wird es heftiger, ein Hammel-Curry mit betäubenden Aromen wartet darauf, verspeist zu werden. Um 20 Uhr wird ein Hähnchen-Biryani serviert usw. Alle diese Rezepte und einige mehr, finden sich in Indische Küche – Dishoom ausführlichst beschrieben. Die Zutatenlisten sind zum Teil sehr, sehr lang. Einige Rezepte verweisen auf Pasten, Saucen, Toppings und Beilagen, die ausgelagert sind und extra angemacht werden müssen. Die Rezepturen für Knoblauch & Ingwerpaste, Zwiebel-Tomaten-Masala, diverse Gewürzmischungen, Brote, Chutneys und anderes finden sich im Anhang. Ein Glossar und Menüvorschläge helfen zudem, sich in der indischen Küche besser zurechtzufinden. Ob nun Indische Küche – Dishoom als vorbereitende Lektüre für eine Indienreise betrachtet wird oder die Rezepturen daraus zur kulinarischen Erkundung Mumbays zuhause nachgebaut werden, alles ist möglich. Ich habe meiner Liebsten, während sie ihr Pau Bhaji auslöffelte, aus dem Kapitel Bummeln am Chowpatty-Strand vorgelesen – Ich glaube, sie will nach Bombay! Übrigens: Dishoom bedeutet in hindi Unsinn.

* Seketu Mehta, Bombay, Seite 31